Als hätten alle darauf gewartet

Was für ein wohlklingender Name, Barberini. Rom grüßt Potsdam. Der Palazzo Barberini beherbergt auch in der italienischen Metropole ein bedeutendes Kunstmuseum. In Potsdam hat das Palais in Nachbarschaft von Nikolaikirche und Altem Rathaus einen Hauch Italien herangeweht. Wenn dann noch im Herbst dieses Jahres die alte DDR-Fachhochschule abgerissen wird, rundet sich das Bild vollends. Die bedeutungsschwere Skulptur „Jahrhundertschritt“ von Wolfgang Mattheuer, die auf der Wasserseite des Barberini aufgestellt ist, hat dann eine weitere Dimension bekommen. So oder so ähnlich muss das Potsdamer Stadtzentrum einst ausgesehen haben. Der Verein Stadtbild Deutschland, der sich „für Schönheit und historisch verankerte Identität in deutschen Stadtbildern“ einsetzt, hat das Palais Barberini zum Gebäude des Jahres 2016 gewählt. Zur Begründung heißt es unter anderem: „Mit diesem Bau wurde ein wesentlicher Beitrag zur Stadtreparatur Potsdams geleistet.“ Das Gebäude ist eine Rekonstruktion des im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstörten gleichnamigen Palais Barberini aus den Jahren 1771/72. Hasso Plattner, SAP-Mitbegründer und seit diesem Jahr Ehrenbürger Potsdams, hat es möglich gemacht. Gespart hat der Mäzen dabei an nichts, auch soll seine private Kunstsammlung  einmal dem Museum übertragen werden. Als Direktorin konnte die Kunsthistorikerin Ortrud Westheider von Hamburg an die Havel gelockt werden. „Die Sammlung Hasso Plattners ist eine großartige Entdeckung und Ausgangspunkt für zahlreiche Ausstellungsprojekte. Potsdams historische Mitte und die Aufbruchsstimmung in der Stadt bilden ein einzigartiges Umfeld dafür“, so Westheider bei ihrer Amtseinführung. 

Der Erfolg des Neubaus lässt sich in Zahlen ausdrücken. Als Ende letzten Jahres im leeren Gebäude zu einer Woche der offenen Tür geladen wurde, kamen schon 24500 Besucherinnen und Besucher. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs schwärmt: „Es ist ein wenig so, als hätten alle auf dieses Museum gewartet.“

Viele Werke stammen aus der Sammlung Hasso Plattners, schon 1972 hatte er sein erstes Ölbild gekauft. Hinzu kommen Leihgaben aus Deutschland und aller Welt, von privaten Sammlern und öffentlichen Galerien gleichermaßen. 

Das Museum startet mit drei Ausstellungsteilen. Zum einen „Impressionismus –     die Kunst der Landschaft“, darunter Arbeiten von Claude Monet, Alfred Sisley, Camille Pissarro. Das Werk  Monets bildet mit 41 Arbeiten zweifelsohne den Schwerpunkt der Eröffnungsschau. Der französische Impressionist lehrt uns, wie schön Heuschober sein können und Pappeln. Seinen legendären See-rosenbildern ist gar ein gesondertes Kabinett gewidmet. Der andere Ausstellungsteil ist „Klassiker der Moderne“ überschrieben. Er zeigt Max Liebermann, Edvard Munch, Wassily Kandinsky und Emil Nolde. Die Gleichzeitigkeit verschiedener künstlerischer Strömungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird augenfällig. Auch hier sind die Bilder vor allem thematisch gruppiert. Bedeutende Werke Munchs sind vor nachtblauem Hintergrund eindrucksvoll in Szene gesetzt. Als Bildhauer und Zeitgenosse Monets ist Auguste Rodin mit 15 Arbeiten an prominentem lichtdurchfluteten Ort vertreten. Durch die Fenster dieses Saals im Mittelteil des Gebäudes öffnet sich der Blick spektakulär hinaus auf den Alten Markt. Ein dritter Abschnitt präsentiert Kunst der DDR, auch sie gehörte zu Plattners Sammlungsschwerpunkten. Zu sehen sind unter anderem Gemälde von Bernhard Heisig, Arno Rink und Werner Tübke.

Die Mischung stimmt. Hohe Besucherzahlen sind zu erwarten. Impressionismus ist ein Selbstläufer. Gerade die legendären Seerosen Monets, die Landschaften Sisleys und Liebermanns ziehen die Besucher in ihren Bann. Flirrendes Licht, Bäume, Wellen und Blumen, das alles passt ins Potsdamer Gartenreich und ist sicher eine gute Wahl für die Willkommensschau. Ergänzt durch die Kunst der DDR spiegelt sich im Barberini etwas vom Lebensgefühl in der brandenburgischen Landeshauptstadt.

Karen Schröder 

 

 

Information:

Bis 28.5.2017 sind die drei Ausstellungen außer dienstags täglich von 11.00 Uhr bis 19.00 Uhr zu sehen. Zeitfenstertickets sind auch online zu erwerben. Ein anspruchsvolles 
Rahmenprogramm mit Vorträgen und Symposien rundet die Eröffnungsschau ab. Museum Barberini, Alter Markt, Humboldtstraße 5–6, 14467 Potsdam

69 - Winter 2017