Wohnen in Hightech-Nachbarschaft

Der Technologiepark Berlin-Adlershof gilt nicht nur als erfolgreichster Wirtschaftsstandort der Hauptstadt. Die fortschreitende Wohnungsbautätigkeit und Gewerbeansiedlung macht den Vorzeigecampus auch für Wohnungssuchende immer interessanter.

Gemessen an staatlichen Fördermitteln ist Berlin zum Wissenschaftsstandort Nummer eins in der Bundesrepublik aufgestiegen, die hohe Forscherdichte ist ein Beleg dafür. Allerdings hinke die direkte Industrieforschung noch hinterher, so die Einschätzung von Wirtschaftsexperten. Als große Ausnahme gilt der Wissenschafts-, Wirtschafts- und Medienstandort Berlin-Adlershof. Mit dem Technologiepark ist dort im Laufe der letzten Jahrzehnte eine Stadtregion entstanden, wo diese Durchdringung von wirtschaftsnaher Forschung und innovationsorientierten Firmen in idealer Weise stattfindet. Adlershof hat 2014 dabei deutlich zugelegt. Ende 2014 arbeiteten dort 15 931 Mitarbeiter, 4,2 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Hinzu kamen 6 235 Studenten an den Instituten der Humboldt-Universität. Die Umsätze, Haushalts- und Fördermittel lagen mit 1,74 Mrd. Euro um 4,8 Prozent über denen des Vorjahres. „Der Wachstumsschub war im Jahr 2014 deshalb bemerkenswert, weil zugleich der Zufluss an Fördermitteln drastisch zurückgegangen ist. Das heißt: Adlershof und seine Unternehmen wachsen aus eigener Kraft und mit privaten Mitteln“, sagt Hardy Schmitz von der Wista-Management GmbH, die für Marketing und Kommunikation des Standorts verantworlich ist, anlässlich der Jahrespressekonferenz. Dass ein solches Entwicklungsprojekt ohne urbanen Charakter auf Dauer nicht auskommt, führte vor Jahren zum städtebaulichen Konzept „Wohnen am Campus“. Der Technologiepark sollte auch ein Wohncampus werden, zu einer kleinen Stadt in der Stadt. Potenzielle Investoren zu gewinnen, gelang indes nur schrittweise, sodass sich das rege Treiben auf dem Campus kaum in den Abendstunden und an den Wochenenden fortsetzt. Verständlicherweise verlassen die Mitarbeiter und Studierenden den Campus, denn sie wohnen und leben in anderen Stadtbezirken oder im Umland.

Mit zunehmender Wohnungsbautätigkeit und Fertigstellung vieler Bauvorhaben auf dem Areal scheint sich diese Situation nun zu ändern. Begünstigt auch vom immer knapper werdenden Wohnraum in der Innenstadt. Außerdem sind die Außenbezirke bei Wissenschaftlern und Studierenden nicht durchgehend beliebt und Wohnen mit grünem Umfeld für viele erstrebenswert. 

So verwirklichen unterschiedliche Bauträger und Projektentwickler auf dem 14 Hektar großen Areal zwischen dem Campus der Humboldt-Universität und dem Natur- und Landschaftspark Johannisthal ihre Vorstellungen von städtischen Wohnformen. Dabei legte die für das ausgewiesene Wohngebiet verantwortliche Adlershof Projekt GmbH bei der Vergabe der Grundstücke besonderen Wert auf Bauträger, die nachhaltige Energiekonzepte bevorzugen, wie zum Beispiel die NCC Deutschland GmbH. Sie errichtet Townhouses unterschiedlichen Typs zwischen Newtonstraße und Katharina-Boll-Dornberger-Straße sowie Reihenhäuser. Die ersten Eigentumswohnungen sind bezugsbereit. Bei der First Home Bau, die an der Abram-Joffe-Straße baut, sind bereits 24 Eigentumswohnungen bezogen worden. Zufrieden mit dem bisherigen Baufortschritt kann vor allem auch die Humboldt-Universität sein. Die Hochschule ist in Adlershof mit sechs Instituten und 8 500 Studenten vertreten.

Im Studentendorf, das Ende letzten Jahres eröffnete, sind jetzt alle Apartments vermietet. Insgesamt sollen auf dem 14 Hektar großen Areal 386 Studentenapartments entstehen.

Ebenso unweit des S-Bahnhofs Adlershof. Dort plant die Projektgesellschaft Medienfenster mbH & Co. KG eine weitere studentische Wohnanlage mit 150 Apartments.

Auch für generationsübergreifendes Wohnen ist im Rahmen des städtebaulichen Konzepts „Wohnen am Campus“ Platz. So wird die GSW Sigmaringen einen Veranstaltungs- und Ausstellungsbereich für Altersgerechte Assistenzsysteme einrichten, kombiniert mit 70 Mehrgenerationen-Wohneinheiten. Speziell für Mitarbeiter auf dem Forschungscampus, die sehr flexibel arbeiten und deshalb „Wohnen auf Zeit“ in Anspruch nehmen wollen, bietet die Helm-Gruppe mit Adapt Apartments Wohnmöglichkeiten wie in einem Hotel. Nach dem zweiten Bauabschnitt werden dafür sechs viergeschossige Häuser an der Erich-Thilo-Straße mit komplett eingerichteten Apartments zur Verfügung stehen. Damit will der Investor dem „unkonventionellen Arbeitsleben“ auf dem Campus entgegenkommen, „einen Ort mit Privatsphäre direkt am Arbeitsplatz zur Verfügung stellen“. Das Prinzip: Es wird nur bezahlt, was in Anspruch genommen wird. Die Apartments können je nach Aufenthaltsdauer, ob nur für eine Nacht oder ein ganzes Jahr, gebucht werden.

Um Urbanität im eigentlichen Sinne auf dem gesamten Technologiepark zu entwickeln, haben die Planer jetzt besonders auch die Hauptachsen des Areals im Blick: die Rudower Chaussee und den Groß-Berliner Damm. Was direkt an der Rudower Chaussee bereits zu besichtigen oder in Planung ist, wie beispielsweise der Air Campus Adlershof der ID &A Immobilien GmbH, ein Büro- und Geschäftshaus mit potenziellen Erweiterungsflächen, soll sich auch entlang des Groß-Berliner Damms mit Büro- und Geschäftshäusern, Produktions-, Versorgungs- und Dienstleistungsunternehmen sowie der schrittweisen Erschließung von Gewerbeflächen auf beiden Seiten fortsetzen. Außerdem plant die Adlershof Projekt GmbH gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG die Entwicklung des rund 250 000 Quadratmeter großen Areals des ehemaligen Güterbahnhofs Schöneweide. Dort haben bereits die Arbeiten für ein Gewerbegebiet begonnen, das nach Fertigstellung die Attraktivität des Wohngebiets weiter erhöhen soll.  

Dass Adlershof mehr und mehr städtisches Flair bekommt, dafür soll aber vor allem der weitere Ausbau der Rudower Chaussee als Hauptachse mit entsprechenden Dienstleistungsangeboten und Geschäften sorgen. 

R.W.

 

62 - Frühjahr 2015
Stadt