Gedenkstätte für Fontane

Mit der Rekonstruktion des Friedhofs der Französischen Gemeinde zu Berlin entstand in der ehemaligen Kapelle auch eine Gedenkstätte für den großen Schriftsteller.

Ein nicht öffentlich zugänglicher Friedhof mutet schon merkwürdig an, doch war es seiner besonderen Lage geschuldet, dass der Besuch seines berühmten Grabes lange Zeit fast unmöglich war. „Sein Grab kann nicht ohne weiteres besucht und besichtigt werden. Das wissen viele nicht. Sie kommen manchmal von weit her, halten Blumen in der Hand und müssen am Gatter umkehren, weil sie keine Grabkarte haben, die zum Betreten des Friedhofs berechtigt. Touristengrabkarten gibt es nicht. Daher ist es im Grunde dasselbe, ob unsereiner eine Fahrt ins Blaue antritt, um später als Weitgereister davon zu erzählen, oder ob er in seinem Berlin auf den Friedhof geht, wo Fontane liegt.“
So beschrieb der 2003 verstorbene Berliner Feuilletonist Heinz Knobloch in „Alte und neue Berliner Grabsteine“ seine Schwierigkeiten, eine Erlaubnis zum Besuch von Theodor Fontanes Grab zu bekommen. Das war zwischen 1961 und 1989 nur mit einer Sondergenehmigung möglich. Der Friedhof der Französischen Gemeinde zu Berlin sozusagen ein weißer Fleck auf Berlins Landkarte, der allerdings nach 1989 seine einstige Schönheit zumindest erahnen ließ, obwohl durch den Bau der Grenzanlagen einige architektonisch und historisch bedeutsame Grabstätten verloren gegangen waren. Auch die Fontane-Grabstätte hatte durch jahrelange Vernachlässigung stark gelitten.
Dem Theodor-Fontane-Archiv und der Theodor-Fontane-Gesellschaft ist es zu danken, dass sich das gemeinsame Grab von Theodor und Emilie Fontane längst wieder in einem würdigen Zustand befindet.
Im Herbst vergangenen Jahres, dem 112. Todestag Theodor Fontanes, wurde lobenswerterweise endlich auch eine Gedenkstätte für den großen Schriftsteller auf dem Friedhof feierlich eröffnet. Sie ist in der ehemaligen Kapelle untergebracht. Auf sechs beleuchteten Säulen vermitteln Texte, Zitate und Abbildungen einen Einblick in das Leben des Schriftstellers, der durch seine „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ in Deutschland berühmt wurde und durch seine Gesellschaftsromane wie „Effi Briest“ Weltruhm erlangte. Die öffentlich zugängliche Dauerausstellung zu Leben und Werk Fontanes verweist auch auf seine hugenottische Herkunft. Bis 1700 ließen sich rund 17 000 Flüchtlinge aus Frankreich in Brandenburg nieder, darunter Jacques Fontane, Strumpfwirker aus Nîmes, der 1697 in Berlin heiratete. Ihrer französischen Wurzeln waren sich die Fontanes sehr bewusst. Zum 200-jährigen Bestehen der Französisch-reformierten Gemeinde zu Berlin 1885 schrieb Fontanes Sohn ein Festspiel, das an die Hugenottenkämpfe erinnert, zu dem Fontane selbst den Prolog verfasste.
Am 20. September 1898, abends kurz vor 21 Uhr, starb der Dichter in seiner Wohnung in der Potsdamer Straße 134c. Vier Tage später wurde er auf dem Französischen Friedhof in der Liesenstraße zu Grabe getragen. Seine Frau Emilie starb 1902. Ursprünglich existierten zwei Grabsteine Theodor und Emilie Fontanes, die allerdings durch einen Granatsplitter sehr beschädigt wurden. Das veranlasste das Französische Konsistorium, sie 1945 durch einen gemeinsamen Stein zu ersetzen.
Die Gedenkstätte ist im Zuge der Rekonstruktion der gesamten Friedhofsanlage entstanden, finanziert von der Deutschen Klassenlotterie und inhaltlich in Kooperation von Französischer Kirche und Stadtmuseum Berlin.

Reinhard Wahren
 

48 - Herbst 2011
Stadt