Junge alte Stadt

Der Cottbuser Altstadtkern Richtung Osten mit Blick zum Gerichtsturm, dahinter der Tagebau Jänschwalde [Foto: Ina Hegenberger]

Mit über 100 000 Einwohnern ist Cottbus nach der Landeshauptstadt Potsdam die zweitgrößte Stadt Brandenburgs. Neben dem südöstlich vom Zentrum gelegenen berühmten Fürst Pückler-Park sind eine bedeutende Architektur und wichtige Baudenkmäler in der Hauptstadt der Lausitz zu entdecken, in der auch Wissenschaft, Kunst und Theater eine wichtige Rolle spielen. Und da Cottbus kürzlich als eine von 13 Modellkommunen für „Smart Cities“ aufgenommen wurde, stehender Stadt in den nächsten fünf Jahren bis zu 15 Millionen Euro für die Digitalisierung zur Verfügung.

Endlich schöner ankommen in Cottbus! 150 Jahre nach Eröffnung der Bahnstrecke Berlin – Cottbus wurde das alte schwer zugängliche Bahnhofsgelände grundlegend umgebaut. Der ehemalige Spreewaldtunnel, dem der Ruf als Angströhre anhaftete, wurde durch einen neuen hellen und breiten Tunnel ersetzt. Großformatige Fotos an den Wänden sollen jetzt Lust auf die Stadt machen. Auf dem neuen Bahnhofsvorplatz sind jetzt Bus und Tram bequem zu erreichen.

Die Spremberger Straße, die Einkaufs- und Flaniermeile der Stadt, schließt sich direkt an. Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, sollte einen Abstecher zum 31 Meter hohen Spremberger Turm machen. Der Backsteinturm aus dem 13. Jahrhundert war einst Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Er gilt nicht zuletzt wegen seiner zentralen Lage als das Wahrzeichen der Stadt Cottbus. Von ihm aus lassen sich Stadt und Umgebung gut überblicken: die Altstadt mit zwei mittelalterlichen Backsteinkirchen und einer Schlosskirche, die heute eine Synagoge ist. Teile der Stadtmauer mit ihren Wiekhäusern und Türmen sind gut erhalten. Die Bürgerhäuser im Stil des Barock und des Klassizismus aus dem 18. und 19. Jahrhundert auf dem Altmarkt wurden restauriert. Sie zeugen davon, dass Cottbus einst eine wohlhabende Tuchmacherstadt war. In den zahlreichen Restaurants und Cafés lässt es sich gut essen und trinken, bei schönem Wetter auch draußen. Dann wird der Markt von vielen jungen Leuten bevölkert, die in Cottbus studieren.

An der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg sind über 7 000 Studierende eingeschrieben. Der zur BTU gehörende berühmte Bibliotheksbau ist eine viel beachtete Architekturikone. Das imposant geschwungene Bauwerk, entworfen von den Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meuron, wurde 2004 eingeweiht. Es dient als Universitätsbibliothek und Multimediarechenzentrum mit 600 Lese-, Lern- und Katalogplätzen. Die transparent wirkende Fassade ist mit unterschiedlichen Schriftzeichen bedruckt. Spektakulär ist auch das dynamisch und farbintensiv angelegte Innenleben der Bibliothek.

Auf der grünen Mühleninsel östlich der Altstadt findet sich das Dieselkraftwerk, heute Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst. Das Industriegebäude aus dem Jahr 1927 beherbergt eine umfassende Sammlung vor allem von Kunst aus der DDR und der neuen Bundesländer. Dabei geht es immer auch um eine kritische Begleitung und den zeitgeschichtlichen Kontext. Workshops, Gesprächsrunden und Konzerte gehören zum Programm. Im Herbst und Winter 2019 zeigt das Dieselkraftwerk im Bauhausjahr die Unbekannte Moderne (Ausstellung der Malerei, Grafik und Architektur der 20er- und 30er- Jahre).

Im Westen befindet sich das Staatstheater Cottbus. Das Jugendstilhaus am Schillerplatz wurde 1908 mit Lessings Stück Minna von Barnhelm eingeweiht, nachdem die Cottbuser Stadtverordneten drei Jahre zuvor den Neubau eines Stadttheaters beschlossen hatten. Entworfen hat es der Architekt Bernhard Sehring, nach dessen Entwurf auch das Theater des Westens in Berlin gebaut wurde. Das Mehrspartenhaus in Cottbus zeugt vom einstigen Wohlstand der Stadt und ist das einzige Staatstheater in Brandenburg. Jeden Sonntag um 10 Uhr gibt es Führungen durch das Gebäude.

Bei guter Sicht ist nordöstlich der Stadt das große Tagebaugebiet zu erkennen. Der Cottbuser Ostsee ist ein Zukunftsprojekt für die Stadt Cottbus und die gesamte Lausitz. Die Idee ist, die Stadt und den künftigen See zu verbinden, indem ein neues Stadtquartier in Wassernähe errichtet wird, mit Hafen und zahlreichen Sport- und Freizeitangeboten. Die riesige Grube des ehemaligen Tagebaus Cottbus Nord soll bis 2030 geflutet sein. Mit einer Wasserfläche von 19 Quadratkilometern wäre sie der größte See Brandenburgs. Aber erst einmal ist die Flutung wegen der anhaltenden Trockenheit gestoppt worden. Die Spree braucht ihr Wasser selbst. Das Gebiet um den alten Tagebau lässt sich gut auf Radtouren und Wanderungen erkunden.

Unweit der Spree in südlicher Richtung ragen die Scheinwerfermasten des Stadions der Freundschaft auf, es ist die Spielstätte des FC Energie Cottbus. Noch weiter südlich im Stadtteil Branitz hatte der bedeutende Gartenbaukünstler Fürst Pückler seinen berühmten Park angelegt.

Karen Schröder

 

80 - Herbst 2019
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