Neues aus der Berliner Wirtschaft

Laut aktuellem Geschäftsklimaindex des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung steuert die deutsche Wirtschaft robust durch die Eurokrise.

Die Unternehmen sind nach teilweise schwierigen Wintermonaten wieder positiv gestimmt, die deutsche Konjunktur behauptet sich im europäischen Krisenumfeld. Wie aber steht die Berliner Wirtschaft im deutschen Vergleich da? Welche lokalen Unterschiede sind, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt, festzustellen? Und sind Veränderungen der Finanzierungsbedingungen für die Berliner Unternehmen zu beobachten? Der neue „KMU-Report 2013“ hat die Wirtschaft in der Hauptstadt unter die Lupe genommen und beantwortet diese und viele weitere Fragen.

Keine Metropole der Welt hat in den letzten Jahren so viele Titel gesammelt wie Berlin: Tourismus-Hauptstadt, Lobby-Hauptstadt, Gründer-Hauptstadt – um nur die meistgehörten zu nennen. Wie aber schätzt der Berliner Mittelstand vor dem Hintergrund von Tourismusboom und Gründungsdynamik einerseits, aber auch Schuldenkrise und Fachkräftemangel andererseits die eigene wirtschaftliche Situation ein? Bereits im dritten Jahr haben Creditreform Berlin und die Investitionsbank Berlin eine branchen­übergreifende Erhebung bei Berliner klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) durchgeführt, deren Ergebnisse und Prognosen in der diesjährigen Studie „Die Berliner Wirtschaft im Fokus – KMU-Report 2013“ zusammengefasst sind. Das Stimmungsbarometer gibt umfassend Auskunft über die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Berlin sowie ihre Mittelstands- und Förderpolitik. Der „KMU-Report 2013“ bündelt dabei zwei Perspektiven: Einerseits zeigt der Status quo, wie die Berliner Unternehmen ihre derzeitige wirtschaftliche Lage beurteilen. Andererseits gibt ein Ausblick darüber Auskunft, mit welchen Erwartungen und Planungen die Zukunft verbunden wird. Das gut fundierte Gesamtbild zeigt eine Stimmungslage, die Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik auf der Basis von Zahlen und Fakten bestens informiert. Mehr als 1100 kleine und mittelständische Unternehmen mit Sitz in der Bundeshauptstadt, die Produkte und Dienstleistungen für den heimischen Bedarf sowie für den Weltmarkt produzieren, haben sich an der Umfrage beteiligt.

Stabile Geschäftslage, hohe Investitionsbereitschaft
Als übergeordnetes Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Geschäftslage stabil ist und die Wirtschaft ähnlich robust wie im deutschen Vergleich. Der positive Trend, der in den Befragungen der Vorjahre erkennbar war, setzt sich fort: Wie schon im Vorjahr bewertet gut jedes zweite Berliner Unternehmen (57,2 Prozent) die Geschäftslage mit „sehr gut“ bzw. „gut“. Allerdings sprachen mit 6,2 Prozent mehr Unternehmen als im Vorjahr (3,8 Prozent) von einer schlechten Geschäftslage. Diese Beurteilungen der Berliner Unternehmen sind dennoch leicht positiver als im Bundesdurchschnitt. Und anders als im Vorjahr erreicht der Anteil der inves­titionsbereiten Unternehmen in Berlin einen deutlich höheren Wert als im Bundesdurchschnitt (Berlin: 58,8 Prozent; Bundesdurchschnitt: 50,4 Prozent).

Positive Umsatzentwicklung
Die positive Stimmungslage in der Berliner Wirtschaft wird teilweise durch die Umsatzzahlen der Unternehmen bestätigt. 55,4 Prozent der Befragten meldeten ein Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr, während 17,0 Prozent der befragten Unternehmen Einbußen hinnehmen mussten. Der Dienstleis­tungssektor zeigt die beste Entwicklung der vier Hauptwirtschaftsbereiche „Verarbeitendes Gewerbe“, „Bau“, „Handel“ und „Dienstleistungen“: Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, Großhandel, Kredit- und Versicherungswesen sowie unternehmensnahe Dienstleistungen weisen aktuell die höchsten Saldowerte aus gestiegenen und gesunkenen Umsätzen auf. Dagegen verzeichnet die Baubranche, die im letzten Jahr allerdings herausragende Werte aufwies – möglicherweise saisonbedingt –, bei den Umsatzsteigerungen einen geringeren Wert als in der Vorjahresbefragung. Auch das verarbeitende Gewerbe, der Maschinen- und Fahrzeugbau sowie die chemische Industrie geben schlechtere Zahlen zur Umsatzentwicklung an. Jedoch rechnen mit 42,4 Prozent der Befragten beinahe ebenso viele Unternehmen wie im Vorjahr (44,1 Prozent) damit, Umsatzsteigerungen erzielen zu können.

Überdurchschnittlich starker Beschäftigungsanstieg
Der Arbeitsmarkt in Deutschland hat sich krisenfest gezeigt. Auch Berlin hat im vergangenen Jahr einen überdurchschnittlich starken Beschäftigungsanstieg erlebt. Die kleinen und mittleren Unternehmen der Hauptstadt hatten daran ihren Anteil. So beschäftigt gut ein Drittel der Befragten (36,6 Prozent) mehr Personal als vor Jahresfrist. 11,3 Prozent der befragten Unternehmen haben die Mitarbeiterzahl verringert. Den höchsten Personalbedarf gab es in jungen Unternehmen, speziell bei Dienstleistern und Start-ups. 30,8 Prozent der Befragten haben angekündigt, die Zahl der Beschäftigten zu erhöhen, während nur knapp jeder Zehnte (9,1 Prozent) mit weniger Personal auskommen will. Mit diesen Zahlen können die Berliner Unternehmen im bundesdeutschen Vergleich als zuversichtlich gelten.

Ertrag und Finanzierung
Obwohl die Ertragslage im Vorjahresvergleich generell als etwas schlechter eingeschätzt wird, ist auch hier Positives zu vermelden: Knapp jedem zweiten Unternehmen (45,8 Prozent) gelang es, den Ertrag zu steigern. 22,4 Prozent mussten allerdings Einbußen verkraften. Nicht verschlechtert haben sich dagegen die Ertragserwartungen. Erneut rechnen vier von zehn Berliner Unternehmen (39,6 Prozent; Vorjahr: 40,9 Prozent) mit Ertragssteigerungen.

Strukturell hat der Berliner Mittelstand Nachholbedarf beim Thema „Eigenkapital“, wobei in den letzten Jahren aber auch schon deutliche Verbesserungen erzielt worden sind: in drei von zehn Unternehmen (29,5 Prozent) liegt die Eigenkapitalquote unterhalb von zehn Prozent. Immerhin konnten viele Unternehmen – besonders im Dienstleistungsbereich – Verbesserungen im Hinblick auf die Eigenkapitalquote erzielen. Neben Eigenkapital bleibt jedoch die Fremdfinanzierung nach wie vor ein probates Mittel. Die Finanzierungsbedingungen werden
aktuell günstiger eingeschätzt als vor Jahresfrist. Jedes vierte befragte Unternehmen (25,5 Prozent) beurteilt die Finanzierungsbedingungen mit „sehr gut“ oder „gut“ (Vorjahr: 20,9 Prozent).

Edith Döhring

 

55 - Sommer 2013