Wohin geht die Fahrt?

Wenn große Firmen mit ihrem Vermögen nichts anzufangen wissen, gibt es ein Problem: Ihr Know-how veraltet, weil Innovationen mit entsprechenden Investitionen ausbleiben. Der IT-Riese Apple beispielsweise versuchte, seinem Erfindungsstau und fehlenden Visionen mit einem Börsencoup entgegenzuwirken: Er kaufte einfach seine eigenen Aktien zurück.

Worunter derzeit offenbar IT-Unternehmen leiden, scheint für die Autobranche nicht zu gelten. Das Thema Mobilität trug sozusagen den Fortschrittsgedanken von Beginn an in sich, und das Auto als einer der wichtigsten Technologieträger ist dazu verdammt, sich immer wieder neu zu erfinden. Jetzt ist es die Erfindung eines massentauglichen Elektroautos, was enorme Entwicklungspotenziale in sich trägt. Aber vor allem treibt die Autoindustrie die Frage um, wie wollen die Menschen zukünftig in ihren Städten unterwegs sein. War nämlich bislang das Auto mehr oder weniger stadtprägend, könnte künftig die Stadt selbst, ihre Struktur und Architektur, über die Mobilitätsszenarien entscheiden. 

Audi ganz vorne

Für Audi ist die Veränderung der Stadt ein zentrales Thema der Zukunft. Mit der „Urban Future Initiative“, einem Wettbewerb visionärer Entwürfe für urbane Mobilität, will der Ingolstädter Autobauer zwei Bereiche zusammenbringen, die sich mehr und mehr behindern und eine ernsthafte Auseinandersetzung initiieren. Jüngster Wettbewerbsbeitrag simuliert am Beispiel der Stadt Bos-ton unterschiedliches Pendlerverhalten: Drei Pendler werden individuell durch den Stadtverkehr gelotst, von Parkpiloten unterstützt. Am Ziel verlassen die Fahrer ihre Autos, die dann automatisch und selbstständig die nächste Parkmöglichkeit ansteuern und einparken. Audi zeichnet alle zwei Jahre innovative Konzepte zur Mobilität der Zukunft mit dem Audi Urban Future Award aus.

Bereits Gegenwart ist eine neue Menüstruktur im zukünftigen Audi-Cockpit mit einem 12,3 Zoll großen Monitor hinter dem Lenkrad. Damit entfällt die umständliche Suche im Menü. Es genügt die Eingabe eines Ortes, eines Namens oder eines Musiktitels mit wenigen Anfangsbuchstaben, den Rest ergänzt das System assoziativ. Bei Bedarf, im sogenannten Infotainment-Modus, breitet sich die Navigationskarte über die gesamte Monitorfläche aus, gleichzeitig verringert und verschiebt sich die Anzeige von Tacho und Drehzahlmesser an den Rand. Über das Multifunktionslenkrad lassen sich fast alle Funktionen des Infotainmentsystems steuern, auch die Freitextsuche.

Neben dem virtuellen Cockpit wird Audi 2014 noch eine zweite Neuheit für seine zukünftigen Modelle präsentieren: ein eigenes Tablet, das mit der Fahrzeugelektronik vernetzt ist. Dieses „Smart Display“ ist 10,2 Zoll groß und dient als Fernbedienung für das Infotainment und als Unterhaltungsgerät für die Mitfahrer.

Virtuelles Cockpit und Smart Display werden die neue Generation des Audi TT 2014 mitprägen, ebenso die Start-Stopp-Automatik, Bremsenergierückgewinnung und der Quattro-Allradantrieb. Auch wird der neue Audi TT leichter und die Motoren verbrauchen weniger. Etwas früher als der TT kommt im zweiten Quartal 2014 der Audi S1 zu den Händlern. Auf dem Genfer Autosalon feierte er Premiere. Mit neuer Optik, geprägt durch Xenon-Plus-Scheinwerfer, LED-Rückleuchten, neue Schürzen, Seitenschwellerverkleidungen sowie einer Vierrohr-Abgasanlage.

Auch in Sportback-Ausführung zu haben, erreicht der neue Audi S1 eine Höchstgeschwindigkeit von 250 Kilometer pro Stunde. In 5,8 Sekunden beschleunigt der Sportlerwagen von Null auf Tempo 100.

 

Elektroautos in der Warteschleife


 SpaceX-Gründer Elon Musk will Tesla groß rausbringen [Foto: Vern Evans Photo]

Der Marktanteil von Elektroautos in Deutschland liegt bei 0,2 Prozent. Das heißt, etwa 7 000 rein elektrisch angetriebene Autos fahren derzeit auf unseren Straßen. Prognostisch kommen pro Jahr etwa 3- bis 4 000 hinzu. Im Ausland sieht die Bilanz ganz anders aus: So sind in den USA 2013 etwa 97 000 E-Autos verkauft worden, in Norwegen beträgt ihr Marktanteil bereits 5,5 Prozent und auch in den Niederlanden steigt die Nachfrage merklich. Nur Deutschland verharrt in puncto Elektromobilität scheinbar beständig in der Warteschleife. Mit dem i3 versuchte BMW zwar, die Pole-Position im Feld der potenziellen Mitbe-werber zu erreichen, doch eine nennenswerte Nachfrage blieb bislang trotz erheblicher Marketing-Aktivitäten aus.   

Besser positioniert sich der Newcomer Tesla Motors auf dem Zukunftsmarkt der Elektromobilität. Seit Markteinführung des Models S vor mehr als einem Jahr hat der kalifornische E-Autobauer bereits mehr als 25 000 Limousinen weltweit verkauft. Weitere Modelle sollen folgen. Vor allem die enorme Reichweite, aber ebenso Design und Image befördern die Nachfrage. Dafür sorgt vehement Elon Musk, der Gründer von Tesla, mit unkonventionellen Auftritten auch in Deutschland und dem Anspruch, am Ende das ultimative Elektroauto schlechthin auf den Markt zu bringen, selbstverständlich mit großer Reichweite und einem erschwinglichen Preis. Mit Leasing-Angeboten will er zunächst den deutschen Automarkt erobern. Tesla ist zwar mittlerweile fast zur Kultmarke avanciert, doch auch für den deutschen Autofahrer offenbar noch keine Alternative. Sodass die deutschen Hersteller ihre Elektroautos neuerdings mehr im Ausland als hierzulande verkaufen: BMW sein i3-Modell in den Niederlanden und VW den e-Up in Norwegen und Holland. Welche Elektroautos kommunikativ in Deutschland ganz vorn liegen, ermitteln der Branchendienst electrive.net und Landau Medea seit Jahresbeginn. Danach teilen sich fünf Modelle die ersten Plätze: BMW i3, Model S von Tesla, Renault Zoe, Nissan Leaf und VW e-Up.

 

Genfer Nachlese


Huracán – Kantiger Flitzer aus dem Hause Lamborghini [Foto: Lamborghini]

Dass allerdings kein Hersteller an den alternativen Antrieben vorbeikommt, zeigte sich auch auf dem diesjährigen Genfer Autosalon im März. Fast alle Hersteller präsentierten ihre neuesten Elektro-, Brennstoffzellen- und Hybrid-autos. Wer von den Besuchern wollte, konnte sie auch Probe fahren. Doch wie keine andere Messe steht die Genfer Autoschau vor allem auch für die Supersportler und Exoten. Sie versammeln immer noch die meisten Messebesucher um sich. So wie der Ferrari California T, der, mit einem sogenannten Biturbo-Antrieb ausgestattet, nun 560 PS leistet. Damit beschleunigt dieser Supersportwagen von Null auf Tempo 100 in 3,6 Sekunden. Seine Höchstgeschwindigkeit beträgt 316 Kilometer pro Stunde. Allerlei neue Technik sorgt für höchste Fahrdynamik. Veränderungen am Design, ein neues Infotainment-System und Start-Stopp-Automatik perfektionieren den California T. Die umlegbare Rückenlehne und das faltbare Aluminium-Hardtop, das auf Knopfdruck aus dem Sportwagen-Coupé in 14 Sekunden ein Cabrio macht, wurden vom Vorgänger übernommen.

Wo Ferrari glänzt, ist Lamborghini nicht weit. Natürlich stand auch der Nachfolger des Gallardo auf dem Genfer Autosalon, der Lamborghini Huracán. Als brauchte die Geschichte, die Legende, die Ferrari und Lamborghini vereint, immer neue Nahrung: 

Ferrucio Lamborghini hatte seine Firma im Jahr 1948 gegründet, um Traktoren zu bauen. Das Geschäft florierte, sodass sich der Sportwagen-Fan Lamborghini einen Ferrari zulegte. Als er jedoch Vorschläge zu dessen Verbesserung machte, verwies ihn Enzo Ferrari auf seine Kernkompetenz, den Traktorenbau. Das weckte Lamborghinis Ehrgeiz derart, dass er daraufhin mit „Automobili Lamborghini“ seine eigene Sportwagenschmiede gründete.

Neuester Spross ist also der Huracán, ein kantiger Edelsportwagen mit 610 PS. Die beschleunigen den Wagen von Null auf Tempo 100 in 3,2 Sekunden, Tempo 200 wird in 9,9 Sekunden erreicht. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 325 Kilometer pro Stunde angegeben. Nicht nur in puncto Leistungsparameter, auch mit anderen technischen Raffinessen, wie beispielsweise der vorwählbaren Fahrdynamik, und natürlich dem Design will Lamborghini anscheinend immer ein Stück besser sein als Ferrari. Als dirigierte noch heute der ehrgeizige Firmengründer mit. 

Anders, aber nicht weniger exklusiv, feierte Mercedes in Genf die Weltpremiere seines neuen S-Klasse Coupés. Mit allen Features und Assistenz-systemen aus dem S-Klasse-Baukasten hat die Mercedes-Oberklasse damit ein neues Spitzenmodell. Es punktete aber noch mit einem besonderen technischen Highlight, dem sogenannten Magic Body Control-Fahrwerk. Es ermöglicht höhere Geschwindigkeiten in den Kurven, denn zwischen Tempo 30 und Tempo 180 kann sich das Coupé bis zu 2,5 Grad neigen und so die Kurven besser passieren. Marktstart des neuen Mercedes S-Coupés ist in der zweiten Jahreshälfte.

Reinhard Wahren

 

58 - Frühjahr 2014