Abseits Mittendrin

Am Köllnischen Park an der Spree ist es ruhig, verschlafen, grün. Nur das Märkische Museum thront inmitten der Bäume und vereinzelter Denkmäler wie zum Beispiel Heinrich Zille in Bronze am Eingang des Parks. Der Ort zählt nicht zu den Hotspots des Berlin-Tourismus. Und am Park wird bisher auch nicht gewohnt. Das wird sich bald ändern. In einem früheren Verwaltungsblock entstehen derzeit sehr exklusive Eigentumswohnungen. 

Der Klinkerstein mit seiner Ornamentik sei identitätsstiftend, sagt Architekt Henner Rolvien. Das Büro Axthelm Rolvien Architekten aus Potsdam ist mit dem Projekt „Metropolpark“ beauftragt. „Das ist ein Zeitgeist von Anfang der 30er-Jahre, der eher industriellen Charakter mit sich gebracht hat. Dass diese Klinkerarchitektur jetzt für Wohnungsbau verwendet wird, ist eine ganz große Besonderheit.“ Die Ziegel sind im Eingangsbereich an der Rungestraße sehr feingliedrig versetzt. Die Architekten wollen diese Identität und Detailqualität auch nach innen fortsetzen.

Hinter der monumentalen Fassade des Baudenkmals befinden sich drei Innenhöfe. Einer davon ist mit einer Glasstahlkonstruktion überdacht. Auch die Seitenflügel des Blocks, die die Höfe begrenzen, stehen unter Denkmalschutz. Sie bilden teilweise eine Verbindung zu den geplanten Neubauten, bei denen bewusst auf eine Fortsetzung des Backsteinexpressionismus verzichtet wird.   „Wir müssen uns klar positionieren und können nicht versuchen zu rezitieren, sondern wollen mit den Neubauten einen Kontrapunkt zu dem Altbau bilden.“ Ihr Entwurf sieht vor, die vorher geschlossene Blockrandbebauung aufzubrechen und schräg stehend für Einblick und Belichtung in den Hof zu sorgen. Mit ihrer weißen Farbe grenzen sie sich vom blau-roten Klinker des Altbaus ab; auch mit ihrer Materialität, nämlich mit fasergebundenen Betonelementen sollen Leichtigkeit und Transparenz gezeigt werden. An ihrer Stelle stand bis zu seinem Abriss das „Haus am Köllnischen Park“, ein Kultur- und Veranstaltungsgebäude von 1971.

Die Geschichte des Gebäudekomplexes, der heute der Fondsgesellschaft Activum SG gehört, begann als AOK-Geschäftsstelle. Architekt Albert Gotthei-ner (1878–1947) entwarf 1930 einen sechsgeschossigen Stahlskelettbau in spätexpressionistischem Stil. Der heute glasüberdachte Hof war einmal die Schalterhalle. Nach dem Krieg nutzte die DDR das Gebäude als SED-Parteischule und erweiterte den Altbau durch das „Haus am Köllnischen Park“. 

Im „Metropolpark“ soll in Zukunft gewohnt werden. Das ist durchaus eine spektakuläre Nachnutzung, wenn man bedenkt, dass die hinter der Klinkerfassade liegenden Räume bis zu sechs Meter Deckenhöhe aufweisen. Was macht man mit so viel Volumen? Rolvien: „Wir ziehen hier Galerieebenen ein, die eine Zweigeschossigkeit in den Wohnungen mitbringen, so dass Sie Ihr Loft durchaus auch noch mal mit einer Geschossdecke unterteilen.“ 

Die Lofts sind nicht nur in der Raumhöhe einzigartig. Sie bieten auch eine außergewöhnliche Wohnfläche. Prägend für die Architekten war die Idee von der Kreuzberger Fabriketage: „Es ist tatsächlich so, dass jemand, der genug Geld mitbringt, 400 Quadratmeter am Stück kaufen kann und dann sechs Meter hohe Fabriketagen hat, ohne eine einzige Zwischenwand oder Stütze.“ Aber dieser Wohnungstyp dürfte die Ausnahme sein. 

Insgesamt entstehen 200 Eigentumswohnungen von 57 bis 370 Quadratmetern Größe. Sie kosten nach Auskunft von Ziegert Immobilien, die die Wohnungen vermarktet, zwischen 3 650 und 10 000 Euro. 49 Wohnungen sind bereits vergeben.

Das Projekt trug früher den Namen „Luise“, abgeleitet von der Lage in der historischen Luisenstadt, die hier am Köllnischen Park beginnt. Einen richtigen Kiez aber gibt es nicht. Das Umfeld aus Gründerzeit- und Plattenbauten ist sehr heterogen. Auch Henner Rolvien hatte das Quartier am Anfang nicht wirklich vor Augen, wie er sagt. „Es ist so eine vergessene Ecke in Berlin, die andererseits aber zentral ist. Sie hat eine unglaubliche Qualität, liegt praktisch am Wasser und hat einen Park direkt vor der Nase.“ Nach einem Eigentümerwechsel erhielt das Projekt den heutigen Namen. Die Idee war, den Metropolgedanken aus den 30er-Jahren aufzunehmen. Henner Rolvien und Anette Axthelm glauben allerdings auch, einen Beitrag leisten zu können, dass Berlin noch mehr Metropole wird, als es das im Moment ist.

2016 will der Bauträger, die Home Center Management (HCM) den Altbau und 2017 den Neubau fertigstellen. Ein Showroom in der Rungestraße bietet die Möglichkeit, sich von den zukünftigen Lofts einen Eindruck zu verschaffen. Hier fühlt man sich wie in einem Großraum-Café. 3-D-Drucker produzieren nebenbei die im „Metropolpark“ angebotenen Wohnungsgrundrisse. Und Kaffee trinken kann man hier auch.

André Franke 

 

62 - Frühjahr 2015
Stadt