Hammerfrau

Caroline Beil ist Schauspielerin, Tänzerin, Sängerin und Sozialwissenschaftlerin. Sie hat u. a. am Lee Strasberg Theatre Institute in L. A. studiert, spricht mehrere Sprachen, kann reiten und Tennis spielen, tauchen und Ski fahren, Stepptanz und Ballett. Es gibt zwei Bücher von ihr und eine Yoga-DVD. Im September bringt sie zusammen mit Oliver Lukas ihr erstes Duett-Album heraus. Bis August ist sie als rebellierende Hausfrau Cornelia in dem Musical „Hammerfrauen“ in den Wühlmäusen zu bewundern. Was kann diese Frau eigentlich nicht? „Halb so schlimm“, sagt sie, „schließlich mache ich ja nicht alles gleichzeitig.“

Sie spielen gerade in dem Musical „Hammerfrauen“ eine Hausfrau. Wie kommen Sie damit zurecht?

In dem Musical geht es um eine Ladies-Night in einem Baumarkt. Die Cornelia, die ich spiele, ist tatsächlich Hausfrau. Sie ist die klassische Frau, die im Grunde immer funktioniert hat. Sie hat die Kinder groß gezogen und ihrem Mann den Rücken freigehalten. Sie ist nach außen hin perfekt und hat trotzdem nie etwas für sich gemacht. Jetzt sind die Kinder aus dem Haus, der Sex auch. An diesem Abend im Baumarkt bricht sie aus diesem Korsett aus.

Warum geht sie überhaupt zu einem Baumarkt-Kurs?

Sie ist dort, um ihr Haus zu retten und ihren Mann. Und letztendlich – sich.

Sind Sie eine Heimwerkerin? 

Unbedingt. Ich spachtle, male, arbeite Möbel auf. Ich schleife Böden ab und restauriere Erbstücke. Ich mag solche Arbeit. Man sieht sofort etwas und hat ein Erfolgserlebnis.

Sie haben schon an vielen unterschiedlichen Orten der Welt gewohnt. Warum Berlin?

In Berlin lebe ich seit 1999. Es ist meine Heimatstadt. Und es ist die Stadt, die ich innerhalb Deutschlands am schönsten finde. 

Würden Sie nochmal ins Dschungelcamp gehen?

Das Dschungelcamp war 2004, das ist elf Jahre her! Es war die erste Staffel, in der ich mit dabei war. Niemand ahnte damals, was passieren wird. Heute weiß man, dass man dort vorgeführt und der Voyeurismus der Leute befriedigt wird. Nein, natürlich würde ich das nicht mehr machen. 

Inwieweit haben Sie selbst Einfluss auf Ihre Engagements und Rollen? 

Das Kuriose an meinem Beruf ist, dass man von der Auswahl bestimmter Menschen abhängig ist. „Ähm, dich nehmen wir doch nicht, du bist zu alt, jung, dick oder dünn.“ Insofern muss man halt immer an sich arbeiten. Seinen Körper, sein Instrument, wach und fit halten, zum Tanzunterricht gehen, singen, mit dem Coach arbeiten, gute Fotos von sich haben, sowie ein aktuelles Demoband und einen professionellen Internetauftritt. Auch das ist natürlich noch keine Garantie, dass man Jobs bekommt. Wenn man aber durchgängig Arbeit hat, ist das auch ein Kompliment.

Was bedeutet Lernen für Sie?

Ich möchte immer besser werden, wachsen und mich weiterentwickeln. Ich verstehe nicht, dass anscheinend nur wenige Menschen diesen Anspruch an sich selbst haben, vor allem Schauspieler. Man ist nie fertig.

Und wie vermitteln Sie das Ihrem Sohn?

Mit einer großen Lebensfreude. Ich liebe das Leben und das vermittle ich ihm. Wir haben viel Spaß, lachen zusammen und machen Quatsch. Natürlich gibt es auch Regeln. Aber ich gehe mit ihm offen auf alles zu, wir sind ständig mit den unterschiedlichsten Menschen im Dialog. Und ich versuche ihm auch Dankbarkeit zu vermitteln. Nichts ist selbstverständlich. Manchmal danken wir auch der Sonne dafür, dass sie scheint.

Sie singen im Moment sehr viel. Ist das Ihre neue Leidenschaft?

Auch. Ich bin ja ein kreativer Mensch und empfinde mein Leben als kreative Reise. Alles, was ich auf dieser Reise erlebe, verbinde und verknüpfe ich. Das Schöne ist ja gerade die Vielfalt. Alles ausleben können. Singen, moderieren, heute von der Probe kommen, bald Premiere und Auftritte haben und nebenbei drehen. Jedes einzelne Element ist großartig, aber die Gesamtheit, die Verknüpfung ist die ultimative Herausforderung.

Wann wussten Sie, dass Sie Schauspielerin werden wollen?

Ich wusste das sehr zeitig, so mit fünf, sechs Jahren. Die Schauspielerei ist einer der wundervollsten Berufe, die es gibt, auch wenn er sehr hart sein kann. In Deutschland bekommt man kaum Anerkennung dafür, dass man im Grunde sein ganzes Leben, oft seine Existenz für diesen Traum opfert. Das ist in Amerika, Frankreich und Italien zum Beispiel ganz anders. Es gibt bei uns auch viele Schauspieler, die ein Leben lang auf der Bühne gestanden und trotzdem kaum Geld im Alter haben. Und trotzdem wird man belohnt. Man darf auf der Bühne mit tollen Kolleginnen und Kollegen stehen – und spielt. Man ist in solchen Momenten verbunden mit der höchsten kreativen Energie – und so mit dem Moment verschmolzen, wie es sonst nur Menschen erleben, die einen Bungee-Sprung machen. Das ist das Schöne an diesem Beruf. Wenn der Moment echt ist, ist er magisch. Echtheit berührt immer. Echtheit bringt dich zum Lachen und Weinen. Man kann es spüren. Das sind die Momente, für die ich diesen Beruf liebe. Deshalb stehe ich auf der Bühne.

Worin unterscheiden sich Tränen auf der Bühne von Tränen im echten Leben?

Wenn ich eine Rolle spiele und weine, dann weine ich. Dann sind das Emotionen und diese Tränen sind echt. Es sind die Emotionen der Figur, die in mir ist und die ich aus mir heraushole. Wer das nicht kann, dem pustet man vor dem Weinen Menthol in die Augen.

Und wie halten Sie Sorgen klein?

Indem ich versuche, im Moment zu leben und präsent zu sein. Das hat nichts mit Verdrängen zu tun, sondern mit der Frage, was jetzt gerade wirklich fehlt.

Danke für das Gespräch.

Barbara Sommerer

 

Information

„Hammerfrauen“,
Die Wühlmäuse, bis 23.8.2015,

„Beziehungsweise“,
Caroline Beil & Oliver Lukas,
Duett-Album, Ende September

 

63 - Sommer 2015