Frauenpower

Mit Ramona Kühne, Dreifach-Weltmeisterin, und Ikram Kerwat, WBC Female International Champion 2016, kämpften Deutschlands beste Boxerinnen um den WBO Female International Title.

Die Max-Schmeling-Halle in Berlin war am 16. Juli 2016 mit über 5 000 Zuschauern voll besetzt. Es lag eine besondere Atmosphäre in der Luft, so kurz vor dem Kampf um den vakanten WBO Female International Title, dem ersten internationalen Titelkampf des Abends, zwischen Ikram Kerwat und Ramona Kühne. Mit Ramona Kühne, Dreifach-Weltmeisterin, und Ikram Kerwat, immerhin WBC Female International Champion 2016, standen sich wahrscheinlich Deutschlands beste Boxerinnen gegenüber, und die Deutsche Boxwelt fragte sich, wie wohl die Strategie der erfahreneren Kühne gegen die Kampfmaschine Kerwat aussehen würde, und ob Kerwat einen Kampf auf höchstem Niveau über mehrere Runden überhaupt durchstehen könne.

Schon in der ersten Runde war klar, dass sich beide hier nichts schenken. Kein taktisches Abklopfen, kein Beobachten und Herantasten. Beide Boxerinnen wollten der Gegnerin von der ers-ten Sekunde an demonstrieren, dass sie hier gewinnen wollen und werden. Kühne zeigte sich in körperlich sehr guter Verfassung und ebenso vorbereitet. Kerwats physische Dominanz war nur noch von ihrer deutlich zu spürenden Motivation übertroffen.

Die ersten drei Runden waren bestimmt vom Kampfgeist beider Athletinnen, und es kam zu einem kraftraubenden Schlagabtausch, bei dem keine der beiden eine Runde klar für sich entscheiden konnte.

In Runde vier konnte Kühne einen Treffer mit der linken Führhand landen, und Kerwat ging das erste Mal als Profiboxerin zu Boden. Das aber für nur drei Sekunden. Im Anschluss ging der hochklassige Fight weiter – mit einer kurzen Pause, da sich der Zopf von Kerwat gelockert hatte, den Trainer Georg Bramowski kurzerhand tapte.

Auch die fünfte Runde zeigte noch keine wirkliche Dominanz einer der beiden Kontrahentinnen, und das, obwohl – wie sich später herausstellte – Kerwat seit Runde drei mit einer ausgekugelten Schulter boxte. Doch wie ist es dazu gekommen? Während eines Schlagabtauschs aus kurzer Distanz kugelte Kühne Kerwats Schulter aus, indem sie ihren linken Arm umklammerte und mit einer ruckartigen Körperbewegung nach oben riss. Kerwat boxte Runde drei, vier und fünf dann unter extremen Schmerzen mit ausgekugelter Schulter und – wie sich später im Krankenhaus herausstellte – gerissener Gelenkkapsel – weiter, musste jedoch wegen der Schwere der Verletzung schließlich nach der fünften Runde den Kampf abbrechen.

Nach dem Kampf war Kerwat sichtlich enttäuscht und sagte im Interview, dass das letzte Wort zwischen beiden Athletinnen noch nicht gesprochen sei. Kühne hingegen zeigte sich im anschließenden Interview mehr als glücklich, dass sie gewonnen hatte.

 

67 - Sommer 2016
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