Lost Place in Plänterwald

Zu DDR-Zeiten vergnügten sich jährlich rund 1,5 Millionen Menschen im Kulturpark Plänterwald. Seit seiner Schließung vor fast 18 Jahren verwahrlost der einstige Freizeitpark allmählich. Jetzt gibt es Hoffnung auf einen Neubeginn.

Sich im Kulturpark Plänterwald zu treffen, gehörte für Ost-Berliner Kinder und Jugendliche zum Freizeitleben. Der 1969 entstandene Rummel mit temporärem Kulturangebot hatte kein Akzeptanz-Problem. Legendär waren auch die Blues-Veranstaltungen, die vor allem den unangepassten Teil der Jugend anzogen. Nach der Wende gab es einen letztlich erfolglosen Versuch, den Spreepark, wie er sich jetzt nannte, zu reanimieren. 2001 war dann endgültig Schluss, das 23 Hektar große Gelände verfiel und wucherte zu. Gerade das machte zuletzt seinen morbiden Charme aus. Der verwilderte Vergnügungspark zählte zu den so genannten Lost-Places und wurde beliebtes Fotomotiv. Wer kennt nicht das pittoreske Bild der bäuchlings liegenden Riesen-Saurier? Immer wieder wurden hier auch Filme gedreht, vor einigen Jahren der Action-Thriller „Wer ist Hanna?“.

Seit Juni 2016 kümmern sich die Grün Berlin GmbH und ein Team aus Landschaftsarchitekten, Ingenieuren und Kuratoren um diesen besonderen Ort. Eine mehrstufige Bürgerbeteiligung hat zu dem Ergebnis geführt, dass sich eine Mehrheit die Sanierung des Geländes wünscht, keinen Neubau. „Der kreative Prozess des Weiterbauens, ein Dialog mit Orten und ­Geschichten hat begonnen“, so formulierte es das federführende Architekturbüro Latz+Partner. Mittlerweile steht der Rahmenplan für den „Kulturpark 2.0“. Einen Rummel wie früher wird es nicht geben, auch wenn einige Bürger sich genau das gewünscht hatten. Für das 45 Meter hohe Riesenrad wurde ein Gutachten eingeholt, das einen guten Zustand attestierte. Es könnte sich also in absehbarer Zeit wieder drehen. Wann genau, darauf will sich Christian Pfeuffer, Projektleiter bei der Grün Berlin GmbH, nicht festlegen. Aus der einstigen Achterbahn möchte man ein begehbares Wegenetz in luftiger Höhe machen. Auch eine Wiederbelebung der Parkeisenbahn ist angedacht. Zudem sollen Arbeitsmöglichkeiten für Künstlerinnen und Künstler entstehen. Das Credo der Planer: Vorhandenes soll einbezogen und neu interpretiert werden. „Wir nehmen das auf, was zugänglich ist, damit die Menschen sich erinnern und auch ihre ganz persönlichen Geschichten wiederfinden“, so die Berliner Verkehrs- und Umweltsenatorin Regine Günther bei der Vorstellung des Rahmenplans. Von einem „Setzkasten“ für Ideen ist die Rede. Im 360-Grad-Kino, das noch aus DDR-Zeiten stammt, könnte eine Art Museum zur Geschichte des Kulturparks entstehen. Hier sollen wieder Filme gezeigt werden, auch die von damals.

Die Neuaufstellung als Kultur- und Naturpark wird allerdings nur Schritt für Schritt möglich sein. Für den ganz großen Wurf reicht das derzeit zur Verfügung stehende Geld nicht, auch wenn später EU-Mittel dazu kommen. Einen großen Teil des jetzt vom Land bewilligten 24-Millionen-Betrages werden schon weitere Sicherungsarbeiten kosten, für die Instandsetzung des denkmalgeschützten Eierhäuschens stehen sieben Millionen zur Verfügung. Das traditionsreiche Restaurant an der Spree soll in den Park integriert werden, auch Künstler­ateliers sind hier vorgesehen. Wünschenswert sei eine Anbindung des Eierhäuschen auf dem Wasserweg, so Pfeuffer. Einwände gibt es aus Richtung des Naturschutzes, der von Anfang an intensiv in die Planungen einbezogen war. Die Renaturierung des Uferbereichs werde so konterkariert, Schadstoffe vom Spreeboden aufgewühlt, heißt es beim NABU Berlin. Der Plänterwald ist seit 1998 Landschaftsschutzgebiet und soll es bleiben. Für die Naturschutzverbände sind die anvisierten 600 000 Spreepark-Besucher pro Jahr denn auch grenzwertig, gerade in Hinblick auf die geplanten Parkplätze und den Ausbau des Dammwegs. Von Senatsseite heißt es, dass man ganz auf den öffentlichen Nahverkehr und Fahrräder setze.

Insgesamt muss der derzeit noch begrenzte finanzielle Rahmen also kein Nachteil sein, im Gegenteil. Fantasie und die Zusage, einen ganz besonderen Ort entstehen lassen oder, wie es die Macher sagen, einen „Park neuen Typs“. Künstlerische Inszenierungen sollen das Angebot in Zukunft ergänzen. Ein genauer Termin für die Wiedereröffnung steht noch nicht fest, es dürfte länger dauern. Für 2020 rechnet man mit der Festsetzung des Bebauungsplans. Bis dahin werden Führungen angeboten, für die man sich im Internet anmelden kann.

Karen Schröder

 

75 – Sommer 2018
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