La dolce vita in Brandenburg

Vergessen die Zeiten, in denen Potsdam für preußischen Militarismus und die dazugehörigen Tugenden stand. Heute versprüht Brandenburgs Hauptstadt vielmehr italienisches Flair.

In Potsdam lässt es sich leben. La Dolce Vita. Wer braucht die Garnisonkirche zurück, mag auch mancher Einwohner denken. Viel mehr hat das neue Palais Barberini seinen Teil zum neuen Lebensgefühl beigetragen. So geht die Italien-Sehnsucht schon auf Friedrich II. zurück. Nach italienischen Stichen ließ er die Gebäude am Alten Markt 1771/72 nachbauen. Das Museum Barberini ist bekanntermaßen eine Adaption des römischen Palais Barberini. 

Für die Museumsmacher vom Potsdamer Barberini schien es nur folgerichtig, eine Zusammenarbeit mit dem italienischen Original anzustreben. Die große Sommerausstellung ist denn auch dem italienischen Barock gewidmet. Ortrud Westheider, Direktorin des Museums Barberini: „Es ist für uns eine große Anerkennung des noch jungen Museums Barberini, mit der traditionsreichen Nationalgalerie in Rom kooperieren zu können. Es war von Anfang an unser Wunsch, mit der Sammlung, die den gleichen Namen wie unser Gebäude trägt, eine Ausstellung zu realisieren. Dass unsere Schau u. a. mit der spektakulären Leihgabe von einem der bedeutendsten Werke Caravaggios, ‚Narziss‘, nun den Impuls gab zu einem stadtweiten Fest italienischer Kultur in Potsdam, freut mich sehr.“ Ein anderes Gemälde Caravaggios,  „Der ungläubige Thomas“, hängt nämlich nur einige hundert Meter weiter in der Gemäldegalerie von Sanssouci. Für Heinz Buri, Marketingdirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, „ein Werk von unglaublicher Dichte und Intensität“. Selbstverliebtheit und Unglauben, zwei Seiten einer Medaille. Nichts Menschliches war dem italienischen Meister fremd. „Und was lag nun näher, als die Verbindungen zweier Meisterwerke auch weiter zu fassen und Spuren und Einflüsse aus dem italienischen Kulturraum in Potsdam zum Jahresthema zu machen“, so Buri weiter. Wie sehr sich Barberini und Schlösserlandschaft gegenseitig ergänzen und befruchten können, in diesem Jahr soll es programmatisch vor Augen geführt werden. Sicher auch ein geschickter Schachzug fürs Marketing der Schlösser, die in den letzten Jahren schon mal Besucher eingebüßt hatten, nicht zuletzt zugunsten des neuen Barberini. Und vielleicht hört der Alte Markt ja den Ruf und entwickelt sich noch zu einer typisch italienischen Piazza. 

Gute 50 Jahre nach Friedrich dem Großen hatte ein weiterer großer Italien-Bewunderer den Thron bestiegen, Friedrich Wilhelm IV. Schon als Kronprinz, 1828 und 1835, hatte der „Romantiker auf dem Thron“, wie er auch genannt wurde, zweimal Italien besucht und sich architektonisch inspirieren lassen. Ihm verdankt Potsdam unter anderen das imposante Belvedere auf dem Pfingstberg, die Römischen Bäder, das Orangerieschloss und die Friedenskirche im Park Sanssouci, wo er auch bestattet wurde. Fragt man Heinz Buri von der Schlösserstiftung nach dem italienischsten Ort der Stadt, muss er nicht lange überlegen: „Mein italienischer Sehnsuchtsort ist die Friedenskirche im Park von Sanssouci, eine Basilika mit Campanile und Klosterhof nach dem Vorbild der frühchristlichen Kirche San Clemente in Rom. Italienisch-magisch ist der Innenraum der dreischiffigen Basilika mit einem veneto-byzantischen Mosaik aus dem 13. Jahrhundert, das Steinchen für Steinchen und in Kisten verpackt von Murano bei Venedig auf dem Wasserweg nach Potsdam gekommen ist.“ Dass die Italiensehnsucht seinerzeit auch im restlichen Potsdam angekommen war, lässt sich während einer Stadtführung vom Mühlenberg zur Jägervorstadt besichtigen. So beeindruckt zum Beispiel die Gregor-Mendel-Straße mit italienisch inspirierter Villenarchitektur. 


Die Neue Orangerie ließ Friedrich Wilhelm IV. von 1851 bis 1864 auf dem Bornstedter Höhenzug,
am Nordrand der Parkanlage Sanssouci, errichten [© Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg] 

 

Das Programm zum Potsdamer Italien-Jahr ist reichhaltig. Geboten werden auch italienische Gartenspaziergänge, Führungen, Lesungen und Konzerte. Höhepunkt des Kulturjahres wird aber zweifelsohne die Schlössernacht sein, oder besser die Schlössernächte am 17. und 18. August. Sie stehen 2019 unter dem Motto „Una Notte Italiana“. Am 31. August gibt es dann gleich das nächste Italienfest „La Dolce Vita Open Air“ auf den Orangerieterrassen. Ein Fest mit Musik und Tanz, darunter ein Auftritt der Sängerin Etta Scollo, umrahmt von Gauklern und kulinarischen Angeboten. 

Karen Schröder

 

Information
Die Ausstellung „Wege des Barock. Die Nationalgalerien Barberini Corsini in Rom“ ist vom 13. Juli bis 6. Oktober im Museum Barberini Potsdam zu sehen.

78 - Frühjahr 2019