Berlin-Macher Detlef Kornett

Wir stellen sie in jeder Ausgabe vor, die Berlin-Macher. Diesmal Detlef Kornett.

Kornett war laut Meyer‘s Lexikon früher die Bezeichnung für den jüngsten Offizier einer Schwadron, der die Standarte trug. Anders gesagt: Der Kornett hielt die Fahne hoch, die anderen folgten ihm. Bei Detlef Kornett ist das ähnlich: Mit seinen gerade einmal 45 Jahren hält er als deutscher Geschäftsführer die Fahne der US-amerikanischen Anschutz Entertainment Group hoch, einer der weltweit führenden Unternehmen im Bereich Life Entertainment und Sport. Sein Dienstsitz ist Berlin, hier hat er schon einiges bewegt. Die Eröffnung der O2 World im September ist das sichtbare Ergebnis seiner erfolgreichen Arbeit.

Überhaupt scheint Kornetts Lebenslauf eine einzige Erfolgsstory zu sein. Als Pennäler fährt der gebürtige Cuxhavener noch Wäsche für zwei Heißmangelgeschäfte aus, lässt Schweiß als Straßenbauer auf den Fahrbahnen seiner Heimatstadt. Nach dem Abitur will er Lehrer werden, studiert in Berlin Sport und Politologie fürs Lehramt. Dann kommt das Angebot eines guten Freundes: „Sportklamotten verkaufen“. Und das tut er denn auch. In drei Jahren verdoppelt er den Umsatz der Firma von 30 auf 60 Millionen Mark – und steigt die Karriereleiter nach oben, vom einfachen Vertreter zum Leiter Marketing und Vertrieb. Danach geht es fulminant weiter. Als Director der National Football-League Europe pendelt er zwischen Berlin und London. An der Themse wird er später von einem amerikanischen Textilhersteller als Sanierer des Europageschäftes angeheuert. Auch hier stellt sich der gewünschte Erfolg ein, was sich in den internationalen Wirtschaftskreisen herumgesprochen haben muss.

Jedenfalls lässt der US-Milliardär Phil Anschutz von sich hören und bittet zum Vier-Augen-Gespräch nach Denver. Aus den geplanten 30 Minuten werden schnell 180 und aus dem Erstkontakt eine langfristige Beziehung. Seit dem Jahr 2000 steht Kornett nun schon in den Diensten des Amerikaners, und wieder mit dem anvisierten Erfolg. Anfangs noch in London ansässig, kehrt er 2004 in seine „zweite Heimat“ nach Berlin zurück und treibt die Entwicklung der O2 World unermüdlich voran.

Mit den Tugenden, die ihn und seine Arbeit auszeichnen, macht Kornett seinem Namen alle Ehre: Disziplin, Zuverlässigkeit, Zielstrebigkeit, Belastbarkeit und Loyalität. Dass all diese Eigenschaften bei ihm so ausgeprägt sind, verdankt er nicht zuletzt dem Sport. In Cuxhaven und Berlin hat er bis in die 2. Bundesliga Basketball gespielt und in dieser Zeit auch gelernt, wie wichtig mannschaftsdienliches Verhalten ist. Heute steht bei ihm der Fitnessgedanke im Vordergrund, und so versucht er, neben seiner Arbeit noch „regelmäßig und in einer gewissen Intensität“ Sport zu treiben.

Rückschläge scheint es im Leben des Spitzenmanagers nicht zu geben. Darauf angesprochen sagt Kornett, auch bei ihm sei nicht immer alles geradeaus und einfach verlaufen. Er lächelt und denkt, wie er auf Nachfrage erzählt, an „verlorene Freundschaften und Liebesbeziehungen“, die man „zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedlich interpretiert“. Mehr will er nicht sagen. Und lächelt wieder.

Irgendwie hat man den Eindruck, dass nichts diesen Mann erschüttern kann. Er ruht in sich, ohne dabei seine Energie einzubüßen. Die Schlagzahl, die er (in) seinem Umfeld vorgibt, dürfte – daran hat man keinen Zweifel – beachtlich sein. Und die Richtung ist ebenso klar. Wenn er etwas macht, dann richtig. Heute ebenso wie schon in frühester Jugend.
Als seine Eltern der Meinung sind, ihr Filius müsse ein Instrument lernen, fängt er mit Blockflöte an, findet das „superblöd“ und greift im Alter von acht Jahren zur Gitarre – der klassischen, versteht sich. „10 Jahre habe ich das ernsthaft betrieben“, fasst er diese Zeit kurz einmal zusammen, ohne dabei zu erwähnen, dass dabei im Rahmen eines Gitarrentrios erste und zweite Preise bei Regional-, Landes- und Bundeswettbewerben von „Jugend musiziert“ herausgekommen sind.

Zu den ehemaligen musikalischen Mitstreitern hat Kornett keinen Kontakt mehr, wobei man, als er das sagt, merkt, dass er das ein wenig bedauert. Denn eigentlich ist er eher ein geselliger Typ, der gerne unter Menschen geht, auch schon mal an einem Tisch hängen bleiben und sich fest-quatschen kann. Auch als „Familienmenschen“ bezeichnet er sich, der allerdings für die ganz großen Treffen nicht unbedingt zu haben ist. Aber in der Beziehung mit seiner Lebensgefährtin und seinem Kind fühlt er sich sichtlich wohl.

Die kleine Familie hat ihr Domizil im Süden Berlins bezogen, der – und da kommen bei Kornett sowohl der seinerzeit angehende Lehrer als auch das Sternzeichen Zwilling zum Vorschein – geschichtlich erkundet und ausgeforscht wird. Bei seinen Recherchen hat er beispielsweise herausgefunden, dass 1868 die Eisenbahn vom Bahnhof Wannsee bis zur Friedrichstraße nur 19 Minuten brauchte. Davon ist er fasziniert, zumal man heute für dieselbe Strecke 23 Minuten unterwegs ist.

Aber nicht nur in seinem persönlichen Umfeld ist der Hobby-Historiker fündig geworden. Auch das Gelände der O2 World hat er geschichtlich untersuchen lassen und dabei herausgefunden, dass dort bereits vor knapp 80 Jahren das erste Volksvarieté nach amerikanischem Vorbild mit Erfolg betrieben worden ist: das Plaza, auch „Theater der 3000“ genannt, weil es Platz für 3000 Zuschauer bot. Mit bis zu 17 000 Steh- und Sitzplätzen, 59 Entertainment-Suiten und etwa 2000 Parkplätzen ist die neue multifunktionale Veranstaltungshalle zwar ein ganz anderes Kaliber. Aber ein gutes Omen ist es trotzdem. Die Erfolgsgeschichte kann weitergehen. 

Detlef Untermann

 

36 - Herbst 2008