Das Werk der Expressionistin Ilse Heller-Lazard

Das Verborgene Museum in Berlin-Charlottenburg kennen auch 23 Jahre nach seiner Gründung noch nicht alle Kultur-Interessierten. Zu Unrecht, denn immer wieder zeigt man hier Ausstellungen zu bedeutenden Künstlerinnen, die mehr oder weniger in Vergessenheit geraten sind. 

Etwa 80 Künstlerinnen, darunter zahlreiche Fotografinnen und Malerinnen, konnten bislang präsentiert und in ihrem Schaffen dokumentiert werden. In dieser Art ist die von einem Verein getragene Einrichtung weltweit einzigartig. Die aktuelle Exposition ist Ilse Heller-Lazard (1884–1934) gewidmet. Während ihre Schwester Lou Albert-Lazard als Malerin und Rilke-Freundin stärker hervorgetreten ist, ist dies die erste Einzelausstellung der Künstlerin. Durch Vermittlung eines Nachfahren, der sich auch publizistisch mit ihrem Werk beschäftigt hat, können zahlreiche Werke aus dem Nachlass gezeigt werden. Lichtdurchflutete Landschaften, Pariser Stadtansichten und Stillleben. Durch ihre schwungvollen Linien und ihre kräftige ungebändigte Farbigkeit wirken die Arbeiten frisch und modern.
Ilse Lazard wurde im deutsch-lothringischen Metz als Tochter des angesehenen jüdischen Bankiers Leopold Lazard und seiner deutsch-amerikanischen Gattin Jenny Stein geboren.Dresden und Berlin waren die wichtigsten Stationen ihrer Ausbildung. Ihr Lehrer, der deutsch-lettische Maler Johann Walter-Kurau, führte sie in die Welt der modernen Malerei ein. Von ihm ist der Satz überliefert: „Die malerische Freude an der Natur selbst beginnt erst, sobald das Auge hinter den Gegenständen den melodischen Aufbau der Farben und die feinen Zusammenhänge der Architektur der Formen zu sehen beginnt.“ Er könnte auch als künstlerisches Credo der Ilse Heller-Lazard gelten. Ohne selbst dazuzugehören, ist der Einfluss der ebenso in Dresden ansässigen Brücke-Maler unverkennbar. Die Farbe ist nicht mehr eng an den Gegenstand geknüpft, sondern bekommt vielmehr eine ganz eigene Wertigkeit.
Später setzte Ilse Lazard ihr Studium in Berlin bei Lovis Corinth und an der Lewin-Funcke-Schule fort. Damit gehört die Künstlerin zu den wenigen Frauen ihrer Generation, die eine fundierte Ausbildung genossen haben. In Berlin begegnete sie auch dem zehn Jahre jüngeren Schweizer Bildhauer Ernst Heller, mit dem sie eine spannungsreiche und komplizierte Beziehung und spätere Ehe verband. Mit Heller zog sie in die Schweiz, mit ihm ging sie auf ausgedehnte Italienreisen. Mittlerweile hatten sich auch erste künstlerische Erfolge eingestellt. Die Künstlerin beteiligte sich an Ausstellungen und konnte immer wieder auch Arbeiten verkaufen.
1927 nahm dann – begünstigt durch eine größere Erbschaft – ein neuer Lebensabschnitt seinen Anfang. Paris, die europäische Hauptstadt der modernen Kunst, wurde zum Lebensmittelpunkt der Künstlerin. Galerien, Museen, aber auch die Geselligkeit der internationalen Kunstszene inspirierten sie. Sie genoss die großstädtische Atmosphäre und setzte sie ins Bild. 1934 ist sie erst fünfzigjährig in der französischen Hauptstadt gestorben.
Karen Schröder

 

Ausstellung

Der Auftrag der Farbe

Bis 31.1.2010

Verborgenes Museum
Schlüterstraße 70
10625 Berlin

 

41 - Winter 2009/10