Zum Lunch ins Guggenheim

Mahlzeit! Es schlägt Mittag in den Berliner Büros. Also Kantine oder Bistro? Stammessen oder Business-Lunch? Dann noch einen Espresso und anschließend am Schreibtisch der tote Punkt. Geht es auch anders? Sicher, man kann sich mit seinem Salat in den Park setzen. Im Sommer. In dieser Stadt also praktisch – nie. Oder Yoga machen! Oder gleich durcharbeiten. Aber wie wäre es mal mit einer zwanglosen Verbindung von Kopf und Bauch, Lunch und Lecture? Ein Angebot des Deutschen Guggenheim in Berlins Mitte unter den Linden: Die „Lunch Lectures“ finden dort jeden Mittwochmittag statt, und hinter dem bescheidenen „Lunch“ versteckt sich ein großartiges 4-Gänge-Buffet zum richtig Sattessen.
Wen man trifft? Die stilsichere Kunstgeschichtsstudentin ganz in Schwarz, konditionsstarke Touristen mit straffem Programm und wetterfestem Outfit, die kühle Sammlerin mit Spezialkenntnissen in Chanel sowie immer ein paar freakige Kunststudenten mit Rastas und großflächig eingesetzten Ganzkörperpiercings. Nur uns blasse Büromenschen sieht man selten.
Das ist wirklich schade. Schließlich zahlt man hier nur 4 Euro zusätzlich zum normalen Eintrittspreis von 5 Euro, dafür bekommt man zu den aktuellen Ausstellungen des Guggenheim einen unaufdringlich kompetenten Vortrag von wirklichen Fachleuten. Die sind angenehm dialogisch geschult, man darf nicht nur Fragen stellen, es sollen sogar Assoziationen mitgeteilt werden! Die Lunch-Gruppe ist klein, man sieht alles und kann mal richtig nahe dran (Wachpersonal sieht großzügig weg). Ganz schulfern wird man ernst genommen und nimmt teil an Insiderwissen. Für gerade eine halbe Stunde Vortrag ist das beachtlich, das Büro verzieht sich für eine Weile ins Hinterstübchen, ohne dass man später am Arbeitsplatz deswegen gleich eine Sinnkrise bekommt. „Billiger“ kriegt man Bildung bestimmt nicht.
Zwanglos geht es anschließend zum Essen. Das Buffet wird exklusiv für die Lunch-Teilnehmer im Café-Shop des Museums aufgebaut. Der Raum ist einfach angenehm, das Mobiliar bequem, von der Decke rieselt muntere World-Music, und wer lesen möchte, findet dreißig Art-Magazine und drei Tageszeitungen. Zur Auswahl stehen Mineralwasser und Säfte, die Wahl fällt auf ein Stilles Hildon, was ein edles Wässerchen aus Südengland ist, das sonst selbst schon mehr als dieser ganze Lunch kostet. Nach der Tagessuppe gibt es ein zartes Kalbsmedaillon an einem soliden Kartoffel-Käse-Gratin nebst knackigem Gemüse der Saison. Als Zwischengang lockt eine Geflügelleber-Terrine, deren leichte Süße einen perfekten Übergang zum Dessert herstellt. Ein fluffiges Kürbis-Mousse auf einem Kompott aus Waldfrüchten rundet den Geschmack sanft ab, und auch für den saftigen Topfkuchen ist noch Platz. Das Buffet reicht für etwa 20 Gäste, und das überaus freundliche Personal scheint es fast zu bedauern, dass man sich nicht gleich dreimal Nachschlag holt.
Nach einer Stunde ist man satt, klüger und hat gelernt, dass es bei der Deutsche-Bank-Tochter Guggenheim anscheinend nicht so sehr aufs Geld ankommt. Auch so kann man sich ein bisschen was zurückholen in der Finanzkrise.
Gerald Wagner

Informationen

  • www.deutsche-guggenheim.de
     
  • Führungen:
    Daily Lectures - täglich um
    18 Uhr (kostenlose Führung)
    Lunch Lectures - mittwochs
    um 13 Uhr
    I like Mondays Lectures -
    montags 11 bis 19 Uhr
    (kostenlose Kurzführungen)
     
  • Sonderführungen, fremdsprachige Führungen
    und Führungen für Schulklassen.
    Information/Reservierung unter:
    Fon +49 (0)30 - 20 20 93-19
    E-mail: berlin.guggenheim@db.com
     
  • Deutsche Guggenheim
    Unter den Linden 13/15
    10117 Berlin
43 - Sommer 2010