Besser essen

Schlank werden ohne zu hungern: Mit einem ausgeklügelten Diätplan und einem Bluttest verspricht „Metabolic Balance“ mehr Erfolg als klassische Diäten.

Wie ein Guru sieht der Mann nicht aus. Trotzdem wird Wolf Funfack wie einer verehrt – er hat „Metabolic Balance“ erfunden, ein Zauberwort der Abspeck-Industrie. Das von ihm entwickelte Ernährungsprogramm hat bislang tausenden Menschen geholfen, viele Kilos zu verlieren. Und das Schönste: Angeblich muss niemand dabei hungern.
Gegen den Begriff „Diät“ wehrt sich der Mediziner: „Metabolic Balance ist keine Diät, sondern eine langfristige Umstellung der Ernährung. Niemand muss hungern.“ Aber der Effekt ist im Idealfall wie bei einer Diät: Der Mensch nimmt ab. Ohne zu hungern, das scheint der Zaubersatz der Idee zu sein. Der 65-jährige Arzt hat eine Schwäche für türkische Süßigkeiten – es gibt vermutlich keine Diät, die diese Leidenschaft gutheißt. Man sieht es ihm nicht an. Natürlich isst er die honigsüßen Teilchen nicht kiloweise – aber er versagt sie sich auch nicht. Bei Metabolic Balance (metabolic bedeutet: den Stoffwechsel betreffend) darf man – in Maßen – sündigen. Die meisten Menschen tun es sowieso und beruhigen ihr schlechtes Gewissen anschließend gern mit „Light“-Produkten. Völlig falsch! – sagt der Metabolic-Balance-Erfinder. „Ich verbiete meinen Patienten Light-Produkte, mache ihnen auch kein schlechtes Gewissen, wenn sie einmal eine Sahnetorte essen.“
Seit 36 Jahren arbeitet Wolf Funfack als Arzt, er studierte in den 70er Jahren in Erlangen und Berlin und arbeitete neun Jahre im Krankenhaus Moabit. Und fragte sich dabei zunehmend, ob die Gewichtsprobleme seiner Patienten allein mit Ananasdiäten und Magischen Suppen zu lösen seien oder ob nicht neue Denkansätze sinnvoll sein könnten. So entstand in jahrelanger Forschungsarbeit die Idee der Optimierung einer persönlichen Nahrungsmittelliste, die aufgrund der Blutwerte der Patienten mittels Computer erstellt wird. Die Idee geht davon aus, dass jeder Körper in der Lage ist, die für seinen Stoffwechsel erforderlichen Hormone selbst in ausreichender Menge zu produzieren, wenn die Ernährung stimmt. Der Blutzuckerspiegel soll dabei niedrig gehalten und die naturgerechte Insulinausschüttung gefördert werden.
Ein Ansatz war zum Beispiel, ob der allgemein empfohlene 55-Prozent-Anteil an Kohlehydraten der täglichen Ernährung nicht zu hoch angesetzt sei – Metabolic Balance empfiehlt 40 bis 45 Prozent. Eine Grundregel ist, dass es nur drei Mahlzeiten am Tag im Abstand von mindestens fünf Stunden gibt. Und jede Mahlzeit soll mit einer Eiweißportion beginnen. Berühmt werden wollte der Arzt damit nicht – es hat sich so ergeben. Glückliche Patienten sind die beste Werbung, bis zu 25 Prozent der Metabolic-Praktizierer sind Männer. Zum Vergleich: Bei klassischen Diäten quälen sich rund 95 Prozent Frauen beim Kalorienzählen. Der Experte hat Erstaunliches festgestellt: „Die Leute werden, was ihre Ernährung betrifft, immer vernünftiger. Nicht alle, aber viele“, sagt er lächelnd.
So geht Metabolic Balance: Die Entgiftungsphase dauert zwei Tage, darauf folgt für mindestens zwei Wochen die „strenge Phase“, danach geht's mit ausgewogenen, wohlschmeckenden Gerichten weiter. Wenn man möchte, bis ans Ende aller Tage. Nur eine Patientin war, so Dr. Funfack, unzufrieden: „Sie war Model, sowieso schon sehr dünn und wollte noch mehr abnehmen. Mit Metabolic Balance hat sie allerdings ein paar Kilo zugenommen.“ Die Frau war unzufrieden und ward nie mehr gesehen.
Allein durchführen kann man Metabolic Balance nicht: Rund 3500 Betreuer (Ärzte, Ökotrophologen und Heilpraktiker, die eine Lizenzgebühr bezahlen) bieten in Deutschland das Programm an. Am Anfang steht eine Blutanalyse, dazu kommen die Computeranalyse und eine gewissenhafte Erklärung der Ernährungsumstellung. Das Computerprogramm gehört vermutlich zu den am besten gehüteten und gesicherten der Ernährungsbranche – es ist der Zauberschlüssel zum Erfolg. Und obwohl viele Experten skeptisch sind und die erste groß angelegte Studie erst im Herbst dieses Jahres erscheinen wird – der Erfolg gibt dem Erfinder recht, unangenehme Nebenwirkungen wurden bislang nicht beklagt. Es gibt diverse Bücher zum Einlesen und Nachkochen, Wolf Funfacks Idee wurde bislang als Lizenz in mehr als 30 Länder verkauft, zu den Fans gehören unter anderem Mitglieder des Herrscherhauses Dubais. Das jüngste Land im Gesundheits-Boot ist Taiwan. Dort kochen die Menschen allerdings nicht so gern wie bei uns – die Metabolic-Speisen kommen auf Bestellung frisch gekocht ins Haus.
Silvia Meixner

43 - Sommer 2010