Versorgung aus der Tiefe

Für Millionen Berliner beginnt jeder Tag mit den immer gleichen Ritualen: Morgendusche, Zähneputzen, Kaffee- oder Teekochen. Wasser verwenden wir ganz selbstverständlich zum Reinigen oder zur Bewässerung. Es gibt kaum eine Industrie, die ohne Wasser funktioniert. Wasser brauchen Mensch und Natur zum Leben und Wachsen. Nur eine ausgefeilte Organisation und eine ausgereifte Technik ermöglichen uns diesen alltäglichen Luxus. Wie gelingt es, die Qualität zu sichern, und wie geht man mit eventuellen Störfällen um? Ein Blick hinter die Kulissen der Berliner Wasserbetriebe.

Rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr, versorgen die Berliner Wasserbetriebe 3,4 Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser. Das sind mehr Menschen als in München, Frankfurt/Main und Stuttgart zusammen leben. Gleichzeitig erreicht das Berliner Trinkwasser im bundesweiten Vergleich einen Spitzenwert mit einer Qualität, die man durchaus mit dem Niveau von Mineralwasser vergleichen kann. Kaum jemand fragt sich, wie das reine Trinkwasser mit einem Druck von ungefähr 4,5 bar zu den ca. 279 000 Hausanschlüssen gelangt.
Das Naturprodukt Wasser wird in Berlin ausschließlich aus Grundwasser gewonnen. Rund 800 Tiefbrunnen fördern stündlich zwischen 40 und 400 Kubikmetern Wasser aus einer Tiefe von 30 bis 170 Metern und leiten es direkt zu den neun Berliner Wasserwerken. Am Tag kommen so bis zu 1,14 Millionen Kubikmeter Trinkwasser zusammen. In den Wasserwerken wird das Wasser lediglich enteisent und natürlich aufbereitet. Das Desinfizieren mit Chlor, Ozon oder UV-Licht ist überflüssig. Durch ein geschlossenes System an Rohren wird es dann direkt an die Bevölkerung und das Gewerbe geliefert. Um sicherzugehen, dass kein Wasser versickert und keine Fremdstoffe in das System gelangen, wird das Rohrleitungssystem, das insgesamt eine Länge von 7889 Kilometern ergibt, ständig überprüft. Hierzu werden unter anderem TV-Kamerafahrzeuge eingesetzt, die die Leitungen mit selbst fahrenden Kamera-Robotern untersuchen. Alle diese Anstrengungen sind nötig, um die bundesweit überdurchschnittlich gute Wasserqualität permanent zu sichern.

Das Berliner Wasser ist ausgezeichnet
In einem der größten Vergleichstests hat man das Trinkwasser von 270 Städten mit mehr als 40 000 Einwohnern untersucht. Dem Berliner Trinkwasser wurde bei dieser bundesweiten Beurteilung ein „Gut Plus“ bescheinigt. Dieser Auszeichnung will man auch in Zukunft gerecht werden. Mit dem Qualitätsminimum, wie es die Trinkwasserverordnung vorschreibt, will sich hier niemand zufrieden geben. Wenn am 1. November 2011 eine verbesserte Fassung dieser Regelung in Kraft tritt, so liegen die Berliner Grenzwerte bereits heute weit unterhalb dieser vorgeschriebenen Werte. Zu verdanken haben die Hauptstädter diesen Vorsprung der ständigen Qualitätskontrolle im Boden, in den Brunnen, Wasserwerken und Transportleitungen. Die ständige Herausforderung besteht allerdings darin, chemische und biologische Verunreinigung so gut wie möglich ganz auszuschließen.

Nach einem Zwischenfall herrscht schnell wieder Klarheit
Trotz aller Vorsicht kam es dann am 28. Juli dieses Jahres dennoch zu einem Zwischenfall, für den jedoch bald wieder Entwarnung gegeben werden konnte: An diesem Donnerstag empfehlen die Behörden, das Wasser im Bezirk Spandau, das für die Zubereitung von Speisen und zum Zähneputzen verwendet wird, vor dem Gebrauch 20 Minuten lang abzukochen. Grund hierfür war der Nachweis von coliformen Keimen. Bereits zwei Tage später, am Samstag, 30. Juli 2011, verkünden die Berliner Wasserbetriebe in einer Pressemitteilung: „Trinkwasser im Versorgungsnetz wieder keimfrei.“ Weiter heißt es in der gleichen Meldung: „Das Berliner Trinkwasser kann in Spandau wieder unbedenklich genossen werden.“ Nur einem konsequenten Kontrollensys-tem ist es zu verdanken, dass solche Zwischenfälle schnell erkannt werden und die betroffene Bevölkerung umgehend informiert werden kann.

Die Berliner Wasserbetriebe: Seit 150 Jahren und in Zukunft ein Stück Berlin
Die Berliner Wasserbetriebe, die für das Trinkwasser und die Reinigung der kommunalen Abwässer sorgen, sind eine Anstalt des öffentlichen Rechts und seit 1999 in eine privatwirtschafltiche Holding eingebunden. Bis heute gehört die Mehrheit von 50,1 Prozent dem Land Berlin. Den kleineren Rest teilen sich der internationale Wasserversorger Veolia und der deutsche Energieversorger RWE. Somit sind die Berliner Wasserbetriebe noch immer ein echtes Berliner Traditionsunternehmen – und das seit über 150 Jahren. Wer die Firmengeschichte genauer studieren möchte, der sollte sich auf den Weg machen in Richtung Müggelsee. Genauer gesagt, nach Friedrichshagen zum „Museum im Wasserwerk“. In dem historischen Gebäude befinden sich das umfangreiche Archiv und eine Fotosammlung. Die ständige Ausstellung „Wasser für Berlin“ zeigt die gesamte Historie und somit auch ein Stück Berliner Geschichte. Absolut überwältigt sind Besucher meist von der originalen Maschinenhalle aus dem Jahre 1893, die übrigens noch bis 1979 in Betrieb war.

Das Traditionsunternehmen investiert jährlich 250 Millionen in die Zukunft
Die Berliner Wasserwerke träumen nicht nur von der guten alten Zeit. Der Blick ist fest in die Zukunft gerichtet, in die das innovative Unternehmen jährlich mehr als 250 Millionen Euro investiert. Ein ganz wesentlicher Produktionsfaktor für den zukünftigen Erfolg sind die etwa 4500 Mitarbeiter, die rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr die Qualität des Berliner Trinkwassers sichern.

Robert Schütz

48 - Herbst 2011