Die neuen Zweitürer

Coupés führen zwar nicht etwa ein Schattendasein in den jeweiligen Modelllinien, sie nehmen allerdings schon eine gewisse Sonderstellung ein, bei ihren potentiellen Käufern wie auch bei den Fahrzeugentwicklern. Ein Auto mit nur zwei bzw. drei Türen, ziemlich unpraktisch und im Fond zu eng, ist halt nur eingeschränkt massentauglich. Es lebt lediglich durch seine extravagante Attitüde. So kreierte Mercedes vor Jahren einerseits mit dem Mercedes-Benz CLS das Coupé als Viertürer und beschränkte sich beim Zweitürer auf die Modelle CL, CLC, CLK und E-Klasse. Die kleine Baureihe war in Vergessenheit geraten. Das hat sich jetzt aus gutem Grund geändert. Seit Sommer gibt es den Zweitürer auch in der C-Klasse. Er ergänzt damit Limousine und Kombi, hat aber ebenso die Konkurrenz im Blick. Denn bislang dominierte in dieser Klasse das BMW 3er Coupé.

links: Mini Coupé, rechts: BMW 640i [Fotos: © BMW AG]

Neben CL, CLS und E-Klasse ist das neue C-Klasse Coupé zwar das kleinste Mitglied der Mercedes Coupé Familie, doch keineswegs nur ein Anhängsel. Abgesehen vom Preis überzeugt vor allem sein kompromissloses Design. Es erinnert an die klassische Coupé-Form eines Zweitürers: schnittig, elegant, stilsicher. Das C-Klasse Coupé scheint diese Attribute mühelos zu vereinen. Lediglich innen müssen Einschränkungen hingenommen werden. Doch wer in dieser Klasse bequeme Rücksitze erwartet, gehört nicht zur potentiellen Käuferschicht. Die kann zwischen sechs Motorisierungen wählen. Die kleinste mit 156 PS für den C 180 garantiert immerhin eine Höchstgeschwindigkeit von 225 Kilometern pro Stunde. Unschwer zu erraten, wie agil der C 350 mit 306 PS sein muss. Es gibt außerdem noch eine AMG-Version mit 457 PS, allerdings ohne Start-Stopp-Automatik. So bietet das neue Mercedes C-Klasse Coupé nicht nur das besondere Outfit, sondern ist imstande, auch besonders ambitionierte Fahrer zu überzeugen.
Einen ganz anderen, aber nicht weniger auffälligen Zweitürer sah man auf der IAA, und mittlerweile steht er auch beim Händler: das Mini Coupé, und zwar als Cooper S, John Cooper Works oder Cooper SD. Letzterer, der Sportdiesel, verbraucht mit vier bis fünf Litern am wenigsten, ist aber genauso agil wie die anderen Modelle. Im Vorfeld wurde das Mini Coupé bereits als „großer Wurf“ bezeichnet. Tatsächlich kommt der Zweisitzer äußerlich ungewöhnlich und eher spektakulär daher und lässt damit keinen Zweifel daran, dass er auf ein junges Fahrerklientel zielt. Aber auch das Fahren selbst spricht in besonderer Weise den sportlich ambitionierten Fahrer an. Das fängt bei der Lenkung an, die ähnlich wie beim Kartbahnfahren sensibel und direkt auf den kleinsten Richtungswechsel reagiert, und hört bei der Höchstgeschwindigkeit auf, die beim Cooper SD bei Tempo 216 liegt. In die Mini-Familie als extravagantes Zweisitzer-Coupé aufgenommen zu werden, geschah freilich nicht ohne Aufpreis. Ist der 1,6-Liter-Benziner mit 122 PS noch zum Grundpreis von rund 21.000 Euro zu haben, kostet der Mini Cooper SD bereits rund 26.000 Euro. Das wird der Erfolgsgeschichte des Mini keinen Abbruch tun, denn es war ja gerade das Premiumkonzept, das dem Kleinwagen eine neue Käuferschicht bescherte.
Will man allerdings das Nonplusultra des derzeitigen Coupé-Angebots, kommt man am BMW 640i nicht vorbei. Er vereine alle Innovationen, die BMW derzeit bietet. Unter anderem zahlreiche Fahrerassistenz-Systeme. Auf Wunsch und dann natürlich mit entsprechenden Aufpreisen auch mit „Adaptive Drive“- Paket oder Integral-Lenkung, bei der die Hinterachse mitlenkt und das Fahren so noch vergnüglicher wird. Fahrspaß oder Sparbedürfnis lassen sich überdies auf Knopfdruck über die verschiedenen Modi befriedigen: Normal, Sport, Komfort und Eco-Pro. Im Eco-Modus verbraucht der BMW 640i mit 320 PS gerade mal acht Liter. Trotz dieser günstigen Verbrauchswerte, über die der Fahrer in diesem Modus permanent informiert wird, beschleunigt das Super-Coupé dank Sechszylinder-Benzinmotor mit TwinPower-Turbo in 5,4 Sekunden von null auf Tempo 100. Sein Preis bewegt sich je nach Ausstattung und Anzahl der Zylinder zwischen 75.000 und 85.000 Euro.


Luxuriös im Gelände

Mercedes M-Klasse [Foto: © 2011 Daimler AG]

Da SUV-Modelle, die sogenannten Sport Utility Vehicles, wegen ihres universellen Gebrauchs mehr und mehr Absatz finden, sind die Automobilhersteller zwangsläufig gezwungen, deren Verbrauchswerte drastisch zu senken. Wie dies im Premiumsegment gelungen ist, zeigt Mercedes mit der neuen M-Klasse. Zwar ist das Gewicht des neuen Geländewagens gegenüber dem Vorgänger nahezu gleich geblieben, doch veränderte Motoren und zusätzliche Neuerungen wie Start-Stopp-Automatik, elektrische Servolenkung, neue Siebengang-Automatik und optimiertes Design lassen den Normverbrauch auf sechs Liter sinken. Gegenüber den Vorgängern ein Einsparpotential von beeindruckenden 30 Prozent. Zumal die Leistung der Motoren wie beim Basismodell ML 250 Bluetec mit 204 PS gleich geblieben oder beim ML 350 auf 306 PS sogar gestiegen ist. Für Geländefahrten zweifellos ein Gewinn, doch auch auf der Straße ist die neue M-Klasse gut unterwegs: in neun Sekunden auf Tempo 100, bei einer Höchstgeschwindigkeit von 210 Kilometern pro Stunde in der Basisversion. Kombiniert mit den guten Offroad-Eigenschaften hat Mercedes so einen Alleskönner geschaffen, der Kraft, Eleganz und Sparsamkeit in verführerischer Weise miteinander verbindet. Seine Luxus-Attitüde verdankt er sowohl den hervorragenden Fahreigenschaften auf jedem Terrain als auch den neuen Assistenzsystemen, beispielsweise Verkehrszeichenerkennung, Nachtsichtsystem, automatische Notbremsfunktion sowie Müdigkeitswarner. So hat die neue M-Klasse auch ihren Preis, der natürlich standesgemäß ist.


Neue Hybrid-Sportwagen

links: Fisker Karma [Foto: Fisker Karma], rechts: Audi E-Tron Spyder [Foto: Audi]

Man nehme einen erfolgversprechen-den Designer, überzeuge potentielle Investoren von einer Idee und gründe eine neue Automarke. Auch ein risikobereiter Unternehmer würde in diesen Zeiten die Finger davon lassen. Nicht so Henrik Fisker. Selbst ausgewiesener Designer – er entwarf für BMW den Z8 und für Aston Martin den Volante und V8 Vantage –, war er offenbar der Meinung, dass trotz Krise in unserer Autowelt durchaus noch eine weitere Automobilmarke Platz hat. Und er brachte tatsächlich das finanzielle Kunststück fertig, so viel Kapital aufzutreiben, dass damit unter dem Dach der Fisker Automotive Inc., einem amerikanischen Gemeinschaftsunternehmen, die Gründung einer neuen Automarke möglich wurde. Allerdings nicht irgendeine. Der dänische Designer hatte einen neuen Sportwagen im Blick. Mit seinen Erfahrungen, die er auch als Designer bei Tesla Motors gesammelt hatte, setzte er dabei von Beginn an auf die zeitgemäße Plugin-Hybrid-Technologie.
Das erste Modell ist nun im Handel: der Fisker Karma, ein viersitziger Sportwagen mit Elektroantrieb. Zwei Elektromotoren im Heck und ein Turbobenziner mit 260 PS vorn bringen ihn in acht Sekunden von null auf Tempo 100 im Elektromodus, bei einer Höchstgeschwindigkeit von 153 Kilometern pro Stunde. Damit kommt er emissionsfrei etwa 80 Kilometer weit. Mit Benzinmotor erreicht er Tempo 200. Die Werte könnten sicher noch besser sein, wäre da nicht das enorme Gewicht des Sportwagens. Trotz Aluminiumrahmens bringt der Fisker Karma weit über zwei Tonnen auf die Waage. Dagegen wiegt vergleichsweise der kürzlich getestete Audi E-Tron Spyder, ebenfalls ein Plugin-Hybrid-Sportwagen, nur 1,5 Tonnen. Ausschlaggebend dafür ist u.a. dessen Karbonkarosserie.
Der Einsatz von Karbon in der Autoindustrie bringt nicht nur erhebliche Gewichtseinsparung, sondern auch bessere Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Karosserie und Motorisierung. Der E-Tron-Prototyp, als Vorläufer künftiger neuer Audi-Sportwagen, beschleunigt denn auch in 4,4 Sekunden von null auf Tempo 100 und ist um 50 Kilometer pro Stunde schneller als der Fisker Karma. Beide Hybrid-Sportwagen sind unbenommen eine Augenweide und für zukünftige Hybrid-Entwicklungen technologie- und stilprägend.

Reinhard Wahren
 

49 - Winter 2011/12