Heimat für Wildtiere

Der ehemalige Militärübungsplatz Döberitzer Heide ist wichtiger Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen

Sie ziehen durch weites karges Steppenland, fressen auf ihren langen Wanderungen vor allem Gräser und Kräuter und leben in einem sozial stabilen Herdenverband. Przewalski-Pferde haben als einzige Wildpferdart bis heute überlebt. Freilebende Tiere allerdings wurden zuletzt in den 1960er Jahren in Zentralasien gesichtet. Intensive Jagd auf sie, Verdrängung durch Weidetierhaltung und strenge Winter werden als mögliche Ursachen genannt für den Rückgang der Herden bis hin zum Aussterben. Nur durch Züchtung in Gefangenschaft ist die Art erhalten geblieben.

In der Döberitzer Heide, wenige Kilometer hinter der westlichen Stadtgrenze Berlins, haben Wildpferde in einer ihnen angemessenen Umgebung neuen Lebensraum gefunden. Einen, den Tierparks und Zoos ihren großen Herdentieren nicht annähernd bieten können. Das wildnisähnliche Naturschutz- und Naherholungsgebiet gehört seit 2004 der Heinz Sielmann Stiftung, gegründet von dem berühmten Biologen, Verhaltensforscher und Tierfilmer, und diente bis zum Mauerfall als Truppenübungsgelände der Sowjetarmee. Viele Menschen besuchen die steppenähnliche Landschaft und nutzen den entwickelten Naturraum für ausgedehnte Wanderungen und Tierbeobachtungen. Mehr als 20 Kilometer verläuft allein ein breiter Sandweg um die Kernzone, in der neben den Przewalski-Pferden, Rot- und Damhirschen auch Wisente angesiedelt sind. Die kräftigen Wildrinder mit dem dunklen, prachtvollen Fell sind freilebend ebenfalls ausgestorben. In der Döberitzer Heide werden die großen Pflanzenfresser in Kooperation mit Zoos und nach den Richtlinien des Europäischen Erhaltungszucht-Programms (EEP) zur Arterhaltung weiter gezüchtet. Dabei geht es vor allem um die Erhaltung genetischer Diversität und die Vermeidung von Inzucht. Somit wird die Paarung der Wisente und Wildpferde streng koordiniert. Mittlerweile leben in der Wildniskernzone und im Schaugehege, das bequem von einer Brücke aus überblickt werden kann, über 100 große Pflanzenfresser, die durch ihr Nahrungsverhalten dazu beitragen, die offene Buschlandschaft und damit die enorme Vielfalt an Pflanzen und Tieren in der Döberitzer Heide zu erhalten. „Ein idealer Lebensraum für Vögel wie Neuntöter und Wiedehopf, die spärliche Vegetation und Gebiete mit nicht zu dichtem Baumbestand bevorzugen“, sagt Peter Nitschke, Geschäftführer bei Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide. Der Forst­ingenieur betont auch, dass das Areal aufgrund seiner langen Geschichte als Militärgelände „durch Explosionen, Brände und Truppen­übungen erst halboffene und offene Landschaften hervorgebracht hat und daraus ökologisch wertvolle Biotope für spezialisierte Tier- und Pflanzenarten entstanden sind.“ Wie beispielsweise das selten gewordene Sumpfknabenkraut, Lungenenzian, Sonnentau und die Astlose Graslilie. Etwa 5000 vielerorts verdrängte Tier- und Pflanzenarten sollen in dem 3750 Hektar großen Gebiet in einander übergehenden Landschaften beheimatet sein. Die großen Pflanzenfresser verhindern eine Verbuschung der Flächen und unerwünschten Baumwuchs und leben dabei fast so wie ihre längst ausgestorben wilden Artgenossen einst.

Ina Hegenberger

 


Informationen

Die Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide und das Schaugehege sind gut erreichbar über die A 10 (Abfahrt Spandau) und über die B 5 (Abfahrt Elstal/Olympisches Dorf). Beim Schaugehege können geführte Exkursionen gebucht werden, original mongolische Jurten stehen für Veranstaltungen zur Verfügung, ob für Kindergeburtstage oder Firmenevents

Öffnungszeiten
Anfang April bis Ende Oktober:
täglich 10.00 bis 18.00 Uhr;
Anfang November bis Ende März:
täglich 10.00 bis 16.00 Uhr

 

52 - Herbst 2012