Quartierskonzept für den Georg-Knorr-Park: 1 000 Wohnungen und Gewerbe

Das ehemalige Produktionsareal des Georg-Knorr-Parks im Stadtteil Berlin- Marzahn soll auf der Basis des städtebaulichen Entwurfs von David Chipperfield Architects in ein lebendiges Mischgebiet von Wohnen, Gewerbe und sozialen Einrichtungen umgewandelt werden. 

Wohnen versus Gewerbe, so ging lange die Kontroverse zwischen zwei Berliner Senatorinnen. Erst als der Regierende Bürgermeister Michael Müller eingriff, kam es 2018 zum Kompromiss zwischen Katrin Lompscher und Ramona Popp. Dabei hatte die Wirtschaftssenatorin den Flächennutzungsplan und den Bezirk Marzahn-Hellersdorf auf ihrer Seite. Dass Berlin aber dringend bezahlbare Wohnungen bauen muss, auch das war ein allseits anerkannter Befund. Im Ergebnis wurde das gut neun Hektar große Entwicklungsgebiet Knorr-Park in der Nähe des S-Bahnhofs Marzahn offiziell zum Mischgebiet erklärt. Wirtschaftssenatorin Popp ist zufrieden: „Bei diesem Grundstück gibt es gute Gründe für beide Seiten, den Bedarf nach Gewerbe und nach Wohnungsbau. Für die Weiterentwicklung des Knorr-Areals muss sichergestellt werden, dass eine gewerbliche Nutzung auch künftig möglich ist.“

Ein offener städtebaulicher Wettbewerb wurde ausgeschrieben und im Rahmen eines Gutachterverfahrens schließlich entschieden. Das Ergebnis liegt seit März dieses Jahres vor. Gewonnen hat das Berliner Büro des Stararchitekten David Chipperfield zusammen mit den belgischen Landschaftsarchitekten Wirtz International Landscape Architects. Gemeinsam zeichnen sie für den Masterplan verantwortlich. Vorgesehen ist ein weitgehend autofreies Quartier mit über 1 000 Wohnungen, etwa 370 Studentenwohnungen sowie Gewerbeflächen und sozialen Einrichtungen. Der Entwurf des Büros Chipperfield bezieht sich dabei auf die rechtwinklige Struktur der angrenzenden historischen Industrieanlage. Die vorhandene denkmalgeschützte Bausubstanz wird in die Planungen integriert. Geplant sind drei Punkthochhäuser und verschieden große Wohnhöfe, da letztere nach Überzeugung der Architekten Identifikation und das Gefühl von Geborgenheit entstehen lassen. „Die künftigen Wohnhöfe sind zwar öffentlich erreichbar, jedoch als private Freiflächen der umliegenden Wohnungen erkennbar und erlebbar“, so steht es in deren Projektbeschreibung. Laubengänge sollen die Wohnungen an den öffentlichen Raum anbinden und gleichzeitig Möglichkeiten der Begegnung für die Einwohner schaffen.

Das Gutachtergremium habe die prägnante Form der verschiedenen Hof- und Hochhäuser überzeugt, bei gleichzeitig hoher Wohnqualität, heißt es in der Begründung der Entscheidung für den Chipperfield-Entwurf. „Zugleich verbinden die an den Ecken positionierten Hochhäuser das Areal visuell mit der umgebenden Stadt“, so Obergutachter James Miller Stevens. Gemeint ist der städtebauliche Bezug zur DDR-Großsiedlung in Marzahn. Der höchste Turm im Nordosten des Areals ist mit 146 Metern vorgesehen, die beiden anderen sind etwa um die Hälfte kleiner.

350 Millionen Euro hat die Laborgh Investment GmbH für das Projekt veranschlagt. Partner ist die kommuna-le Wohnungsbaugesellschaft Howoge. Bis Ende Juni schloss sich die Phase der Bürgerbeteiligung an. Geplant ist, im März 2021 den städtebaulichen Vertrag zu unterzeichnen. Die ersten Wohnungen könnten dann in den Jahren 2022 bis 2024 gebaut werden. 2027 wäre das Stadtquartier schließlich fertig, so die offizielle Zeitschiene.

Aufgrund der Entwicklungspartnerschaft zwischen Investor und Wohnungsbaugesellschaft geht das Gebiet nach Realisierung komplett in die kommunale Hand über. Die Hälfte des neu zu bauenden Wohnungsbestands wird aus Sozialwohnungen bestehen.

Kurze Wege zur Arbeit sind ein weiterer Vorzug des Areals. „Wo, wenn nicht hier, können die unterschiedlichen Nutzungsarten Wohnen und Arbeiten so gut zusammengebracht werden? Und zwar nicht nur Wohnen mit Büros, sondern eben vor allem auch mit Handwerk und sonstigen industriellen Nutzungen. Denn so entsteht unserer Meinung nach Leben“, ist sich Florian Lanz, Geschäftsführer der Laborgh Investment GmbH, sicher. Hinzu komme, dass die neue Maschinengeneration bei weitem nicht so lärmintensiv sei. Ökologischen Gesichtspunkten folgend dominieren Fuß- und Radwege das Wegenetz. Die Dächer sind begrünt und bieten Möglichkeiten für Sport und Freizeit, und das bei einem einzigartigen Ausblick. Höhepunkt ist dabei die 500 Meter lange Joggingstrecke, die mit ihren Hügeln einem naturnahen Gelände nachempfunden ist.

 

83 - Sommer 2020
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