Der Kunde ist Partner

Versicherungsvertreter haben in Deutschland nicht den allerbesten Ruf. In vielen Fällen warnen Verbraucherschützer vor Verkäufern von Finanzprodukten. Sie wären zu sehr auf kurzfristigen Gewinn ausgerichtet, um als kompetente Berater zu fungieren. Gleichzeitig wird in der Branche vom „Beratersterben“ gesprochen – es sind immer weniger selbständige Vertreter bei der IHK registriert. Auch drängen sich über das Internet reine Digitalversicherer auf den Markt. Wie steht es aus Sicht von etablierten Unternehmern um das Geschäft mit Versicherungen? Berlin vis-à-vis sprach mit Philipp Simon Jende (39) und Daniel Chudaske (42), die seit fast zehn Jahren in Berlin ihre eigene Generalvertretung der Allianz leiten und sich auf Finanzgeschäfte und Baufinanzierung spezialisiert haben.

Gibt es noch den klassischen Versicherungsvertreter, wie ihn der Werbemann Herr Kaiser über 30 Jahre im Deutschen Fernsehen präsentiert hat?

Jende: Den gibt es noch. Sehr viele Menschen in Deutschland haben einen Ansprechpartner für Versicherungen, dem sie vertrauen. Der Ruf unserer Branche war noch nie der beste. Dabei ist nach meiner Erfahrung die Mehrzahl der Makler und Vertreter sehr korrekt und setzt sich heute wie damals für ihre Kunden ein. Nur Schlips und Kragen sind in 2019 kein Muss mehr für ein seriöses Auftreten.

Chudaske: Ich bin gerne Anzugträger und meine Beratungen sehe ich als einen Dialog von Mensch zu Mensch. Die Leute sind heute auch viel besser informiert. Das Bild von Klinkenputzern und Treppenterriern, das in manchen Köpfen vorherrscht, habe ich in 20 Jahren meiner Tätigkeit nie erlebt.

Ihre Firma Allphida am Kurfürstendamm ist eine Fachagentur der Allianz für Firmen und vom TÜV zertifiziert. Aber eine klassische Rentenversicherung kann man bei Ihnen auch abschließen ...

Chudaske: Aber sicher. Die Grundlage unserer Agentur ist und bleibt die Beratung von Privatkunden. Allein deswegen schon, weil bei Firmen jeder Mitarbeiter, Geschäftsführer oder Inhaber auch Fragen stellt, die nichts mit dem Beruf zu tun haben. Wir setzen konsequent auf eine Rundum-Beratung zu allen Finanzthemen.

Jende: Das Geniale an der Allianz ist der große Bauchladen an Services und Produktlösungen. Als ich 2010 zur Allianz kam, war es schon eine Überraschung, dass wir mit der Allphida selbstverständlich eine Hausrat- oder Kfz-Versicherung anbieten können, aber eben gleichzeitig auch Versicherungslösungen für große Bauprojekte, Schifffahrtsunternehmen oder Industriebetriebe. Daneben ist die Allianz ein großer Baufinanzierer und verwaltet seit Jahrzehnten Vermögensanlagen für private und institutionelle Mandanten. Diese Bandbreite an Möglichkeiten kenne ich sonst von keinem anderen Anbieter.

Sie versichern auch Lösegeldforderungen. Ist so ein Fall schon einmal eingetreten?

Jende: Darüber geben wir nachvollziehbarerweise keine Auskunft.

Herr Chudaske, Ihre Leidenschaft, sagen Sie, sind auch Geldanlagen und Investmentberatungen. Wie groß ist der Verantwortungsdruck, der wegen der Risiken damit einhergeht?

Chudaske: Grundsätzlich ist die Allianz ein konservativer Produktgeber. Das meine ich positiv – wir haben mit komplizierten Anlagekonzepten oder dem grauen Kapitalmarkt nichts zu tun. Unser Hauptziel ist zuerst der Kapitalerhalt für unsere Investoren und im zweiten Schritt die gute Rendite. Damit sind wir in einer Zeit von vollmundigen Versprechen zwar unscheinbar, aber verlässlich. Egal, ob ein Privathaushalt das gesparte Geld seriös vermehren möchte oder eine Firma die Negativzinsen auf der Bank mit uns umgehen will. Wir greifen auf Strategien zurück, die sich über Jahrzehnte bewährt haben. Man muss eben nicht immer das Rad neu erfinden, um erfolgreich zu handeln.

Herr Jende, Ihr Steckenpferd sind Investorenbetreuung und Immobilieninhaber, denen Sie zu Finanzierungen und Immobilienversicherungen verhelfen. Erfordert das auch spezielle Marktkenntnisse?

Jende: Sogar in zweierlei Hinsicht. Auf der einen Seite merken unsere Gesprächspartner sehr schnell, wer vom Fach ist und wer nur eine Show abzieht. Um fachlich kompetent zu sein, haben wir uns damals für die TÜV-Zertifizierung als Firmen-Fachagentur entschieden. Daneben spielt aber die Erfahrung eine große Rolle, und die kommt eben erst mit den Jahren. Unser Vorteil ist, dass wir mit unserem Agentur-Vorgänger Carl-Heinz Ahl einen exzellenten Mentor haben, der uns schon vor zehn Jahren mit Insiderwissen auf dieses Business vorbereitet hat.

Die Allianz gibt es bald 130 Jahre. Das Modell funktioniert noch immer. Aber müssen Sie nicht auch die auf den Markt drängenden Digitalversicherer fürchten, bei denen Schadensfälle per App und mit vergleichbar wenig Papierkram geregelt werden?

Jende: Die sogenannten FinTechs haben sich ihren Marktanteil sehr schnell erobert. Der Prozentsatz an Kunden, die ausschließlich online ihre Informationen beziehen, Verträge abschließen und mit Self-Services auch ohne Unterstützung verwalten, hat sich bei 12 bis 15 Prozent eingependelt. Dann bleibt ein ebenso großer Anteil an Personen, die das Internet nicht mögen oder es aus Zeitgründen nur mit uns als persönlichen Ansprechpartner zu tun haben wollen. Die allermeisten holen sich zwar im Netz ihre Informationen, Abschluss und Betreuung finden dann aber mit einem Menschen vor Ort statt.

Chudaske: Es ist ja nun nicht so, dass die Allianz sich der Digitalisierung versperrt. Es gibt bei uns verschiedene Anwendungen und online Kundenportale, die den Nutzern einen großen Mehrwert bringen. Auch wir verwenden Apps, bei denen Sie nach einem Unfallschaden am Auto sehr schnell die Erstattung auf dem Konto haben. Der Kunde kann seine Verträge auf dem Smartphone oder Computer über die Website einsehen und verwalten. Zusätzlich haben wir den echten Kontakt zum Kunden – bei Nachbar-schaftstreffen, zum Kaffee oder Lunch, Geburtstagen und Business Talks. Diese Stärke werden IT-Unternehmen nicht kopieren können: Einfach einmal persönlich da zu sein, wenn es gerade nicht um neue Geschäfte geht.

Sie versprechen Beratungsgespräche mit Verstand und Herz. Wie muss man sich das als Kunde vorstellen?

Jende: Finanzen mit Verstand, das erklärt sich von selbst. Denn ohne Nachdenken geht es nicht. Finanzen mit Herz bedeutet, dass wir auf Augenhöhe beraten. Wir erwarten eine offene und umfassende Mitarbeit des Kunden. Der Kunde ist eben nicht König, sondern gleichberechtigter Geschäftspartner. Genauso sind wir zuverlässig, engagiert und gehen auch einmal die extra Meile, wenn eine besondere Lösung gefragt ist.

Was sind die Tücken Ihres Berufs?

Jende: Eindeutig die immer neuen Anordnungen aus Brüssel. In fast allen Gesprächen erleben wir Unverständnis für die heute gültigen Regularien. Andererseits wird die Konkurrenz dadurch geringer, weil mehr Kollegen aus dem Beruf ausscheiden, als nachkommen wollen. Wir haben einen Trend, bei dem gute Finanzberaterinnen und Berater immer wertvoller werden.

Chudaske: Es ist ein tolles Gefühl, immer mehr Menschen mit dem eigenen Unternehmen zu begeistern. Nur werden bei konstantem Wachstum irgendwann die Ruhezeiten etwas knapp. Deshalb sind wir froh, ein klasse Team im Büro zu haben, das uns den Rücken freihält.

Was gefällt Ihnen besonders gut?

Chudaske: Für mich fühlt es sich toll an, wenn jemand mit mir gemeinsam eine Finanzstruktur für sich entwickelt. Egal ob es eine Firma oder eine Privatperson ist – wenn über mehrere Jahre hinweg das Konzept aufgeht und eine Vermögensbildung stattfindet, dann macht mich das einfach glücklich und auch etwas stolz.

Jende: Ich bin leidenschaftlicher Netzwerker und kann dies als Finanzunternehmer auch ausleben. Beim Kennenlernen von Menschen versuche ich, ihre beruflichen oder finanziellen Ziele und Wünsche zu verstehen. Oft kann ich sie dann mit jemandem aus meinem Umfeld bekannt machen, um Lösungen anzubieten oder Geschäfte zu entwickeln. Die Aufträge hierzu kommen zu mir zurück; so verbindet sich das Angenehme mit dem Nützlichen.

Danke für das Gespräch.

Ina Hegenberger

 

80 - Herbst 2019