Neue Bauprojekte verändern die Stadt

Das Bild der Baukräne über dem Berliner Himmel ging in den 90er-Jahren um die Welt. In den Folgejahren ebbte der Bauboom etwas ab, aber heute ist das Zentrum Berlins, in Ost wie West, wieder mit Baukränen gespickt. Neben der Großbaustelle der neuen U-Bahnlinie 5, für die derzeit der Bezirk Mitte umgekrempelt wird, gibt es auch interessante neue Hochbauprojekte, von denen wir die acht prominentesten hier vorstellen. Von Ulf Meyer

 

Bundesministerium für Bildung und Forschung

Das neue Gebäude des Bundesminis-teriums für Bildung und Forschung liegt zwischen Stadtbahnviadukt und Spree unweit des Reichstags und hat eine Fassade aus grünem Gneis. Entworfen von den Architekten Heinle, Wischer und Partner, basiert der Minis-teriumsbau auf einem doppelt u-förmigen Grundriss. Das Besucherzentrum im Erdgeschoss wurde betont transparent gestaltet. Darüber liegen große Innenhöfe, zu denen sich die Büros hin öffnen. 

 

Bundestagsbau in Mitte 

Auch die zweite Kammer der deutschen Demokratie plant einen Neubau in Mitte, der verschiedene Fachbereiche des Bundestages, eine Arztpraxis des Betriebsärztlichen Dienstes sowie eine Kantine mit 200 Sitzplätzen aufnimmt. Auf dem Grundstück an der Ecke Dorotheen-/Schadowstraße in der Dorotheenstadt steht heute noch ein DDR-Plattenbau aus den 70er-Jahren. Er wird abgerissen und durch einen Neubau vom Büro Code Unique Architekten aus Dresden ersetzt. Der Entwurf fügt sich städtebaulich in die Bebauung ein. Er hat klare Konturen und Traufhöhen, die zu den Altbauten links und rechts passen.

 

Lückenschluss für den Bundesrat


Der Bundesrat erhält einen Anbau mit Besucherzentrum [Foto: © Max Dudler, Berlin]

Ein neuer Erweiterungsbau für den Bundesrat wird eine der noch bestehenden Baulücken am Leipziger Platz in Mitte schließen. Im Architekturwettbewerb dafür setzte sich das Kreuzberger Architekturbüro von Max Dudler durch. Sein Entwurf ist nach Meinung des Bauherren „kraftvoll und eigenständig“. Auf dem Grundstück zwischen dem Leipziger Platz und dem ehemaligen preußischen Herrenhaus – seit 2000 Sitz des Bundesrats – wird der Anbau entstehen, der 5 700 Quadratmeter Fläche für den Bundesrat bietet. Im neuen Besucherzentrum werden Konferenzräume und „Rollenspielsäle für Schülergruppen“ untergebracht. Das große Foyer ist für Veranstaltungen und Ausstellungen vorgesehen.

 

Neubau am Zoo


Neue Läden am Zoo – Perspektive vom Kurfürstendamm [Foto: © Hines / Hascher Jehle]

Neben dem Zoofenster wird das sechsstöckige Büro- und Geschäftshaus am Zoo nach Entwurf der Architekten Hascher Jehle gebaut. Nach Abriss der Gebäudezeile mit dem Aschinger-Haus zwischen Hardenberg- und Kantstraße plant der amerikanische Bauherr Hines auf einem 3 350 Quadratmeter großen Areal Läden und Büros. Der Investor verzichtet auf eine größere Gebäudehöhe, um schneller bauen zu können und ein Bebauungsplan-Verfahren zu vermeiden. Im Erdgeschoss, den ersten und zweiten Obergeschossen sowie dem ersten Untergeschoss werden Läden  entstehen und ab dem dritten Obergeschoss auf 5 000 Quadratmeter Fläche Büros. Der 150 Meter lange Sockel bekommt durchgehende Schaufenster.  

 

Forschungsinstitut für Lebenswissenschaften


Forschungsinstitut für Lebenswissenschaften auf dem Campus Nord der Humboldt–Universität [Abb.: Bodamer Architekten]

In Mitte wird derzeit ein knallgrünes Forschungsinstitut für Lebenswissenschaften auf dem Campus Nord der Humboldt-Universität an der Philippstraße, Ecke Hannoversche Straße gebaut. Mit ihrem Entwurf konnten sich die Stuttgarter Architekten Bodamer Faber 2010 im Wettbewerb durchsetzen. Der Campus der Veterinärmedizin ist eine ruhige Parkanlage, in der die biologischen Institute konzentriert werden sollen.

Die „prägnante, selbstbewusste Gestalt“ des dynamisch geschwungenen Laborbaus wird von weither sichtbar sein. Die Höhe orientiert sich an der Nachbarbebauung. Im Inneren wollen die Architekten eine kommunikative Atmosphäre schaffen, die konzentriertes Arbeiten und einen intensiven Austausch von Lehrenden, Studierenden und Forschenden fördern soll.

 

Berliner Zeitungsviertel

Heute liegt das Berliner Zeitungsviertel zwischen Mitte und Kreuzberg wieder im Zentrum der Stadt und wurde durch den Sitz des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger und die Zentralredaktion der Deutschen Presse-Agentur aufgewertet.

Zwei ambitionierte Presseneubauten hauchen dem Berliner Presseviertel wieder Leben ein. Nun werden zwei aufsehenerregende Neubauten für die taz-Redaktion und den Axel-Springer-Verlag gebaut. Das Schweizer Architekturbüro „E2A“ (von den Brüdern Piet und Wim Eckert aus Zürich) entwarf den Neubau der „taz“ am Jüdischen Museum. Der konservativere Axel-Springer-Verlag setzt am anderen Ende der Straße beim Bau seines neuen Medien-Campus auf Rem Koolhaas aus Rotterdam.


Siegerentwurf von Rem Koolhaas für den Axel Springer Campus [Foto: © OMA]

Die taz wird 2017 aus ihrem jetzigen Sitz an der Rudi-Dutschke-Straße in einen Neubau gleich um die Ecke, im „Kreativquartier“ am ehemaligen Berliner Blumengroßmarkt, ziehen. Ein rautenförmiges Fachwerk-Netz aus Druck- und Zugstäben, wird die Fassade aus Glas und Stahl prägen. 20 Millionen Euro soll das Verlagsgebäude kosten, das auf einer Nutzfläche von 5 470 Quadratmetern den 250 Mitarbeitern Arbeitsraum bietet. 


Das Büro E2A Piet und Wim Eckert entwarfen das neue Gebäude der taz [Foto:​ E2A Zürich]

Jetzt möchte auch die Springer AG, heute fast ausschließlich auf elektronische Medien fokussiert, ein Fanal im Quartier. Koolhaas‘ „Medienzentrale für das Internetzeitalter“ soll zeigen, wie die Nachrichtenbranche im digitalen Zeitalter tickt. „Journalismus ist Quatschen auf dem Flur“ – dieses Bonmot von Henri Nannen scheint beim Springer-Neubau in ein Gebäude übersetzt zu werden – denn die zentrale Idee des Entwurfs ist eine große, das ganze Gebäude durchdringende „Arbeits- und Kommunikationslandschaft“, ein Raum, in dem „das individualisierte Arbeiten vor dem Computer wieder als gemeinschaftliche Unternehmung erfahrbar“ werden soll, so der Rotterdamer Avantgarde-Architekt gewohnt selbstbewußt. Der ehemalige Mauerverlauf führt diagonal durch das Gebäude und bildet ein riesiges Atrium, das „das Zusammenwachsen der Stadt thematisieren“ soll. Koolhaas wird mit dem Springer-Campus hinter dem Hochhaus eines der wichtigsten Großprojekte verwirklichen. Der Neubau soll nicht nur für Berlin Maßstäbe setzen, sondern als „Medienzentrale für das Internetzeitalter“ Aussagen treffen, wie sich die Nachrichtenbranche im digitalen Zeitalter präsentiert. In einem großen, das ganze Gebäude durchdringenden Raum soll „das individualisierte Arbeiten vor dem Computer als gemeinschaftliche Unternehmung erfahrbar werden“, so die Architekten.

 

Flussbad an der Spree 


Vision vom Schwimmen in der Spree Mitten in Berlin. Die Realisierung ist für 2020 vorgesehen. [Foto: www.flussbad-berlin.de]

Mehr noch als die neuen Bundesbauten in Berlin könnte ein Freizeit-Projekt das Zentrum Berlins prägen: Der Entwurf für ein Flussbad an der Spreeinsel sieht vor, den Kupfergraben zu einem Schwimmbad und Biotop zu machen. Der obere Spreearm soll zu einem natürlichen Filter umgestaltet werden, der die Wasserqualität so erhöht, dass der untere Arm am Lustgarten mit einer großen Freitreppe zu einem Schwimmbad umgestaltet werden kann. Die Idee hatten Jan und Tim Edler vom Büro „realities:united“ schon Ende der neunziger Jahre. Mit 750 Metern Länge wäre es das längste Flussbad der Welt und sicher eine Attraktion. Das Projekt erhält eine Förderung von 2,6 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“. Auch das Land Berlin beteiligt sich mit 1,4 Millionen Euro für die Planungsvorbereitung und erste Baumaßnahmen.

 

Neuer Technologie- und Medienstandort in Wilmersdorf


Das denkmalgeschützte Ensemble zwischen Hohenzollerndamm und Cunostraße [Foto: Michael Jungblut]

Der Hohenzollern Campus entwickelt zum wichtigen Technologie- und Medienstandort. Zentral erreichbar über die Stadtautobahn und die Ringbahn, haben sich schon vor Jahren namhafte Mieter aus Film- und Fernsehproduktion für den Standort entschieden. Im Mai 2013 haben die Berliner Investoren Dirk Germandi, Martin Rasch (u. a. Cumberland, Ludwig Hoffmann Quartier Wohnen, Zuckerwarenfabrik) und Klaus Groenke die 24 500 qm großen, denkmalgeschützten Gebäude am Hohenzollerndamm 150 und 151 in unmittelbarer Nähe zum Eisstadion Wilmersdorf übernommen und die Weiterentwicklung des ehemaligen AEG-Areals vorangetrieben. „Wir haben viel in das Gebäude und die Gebäudetechnik investiert, im Außenbereich haben wir in Abstimmung mit dem Denkmalschutz neue Pkw-Stellplätze geschaffen und moderne Tor- und Schrankenanlagen installiert“, sagt der Investor. Kürzlich siedelte sich die Riemser Pharma GmbH mit Sitz in Greifswald erstmals in Berlin an diesem Standort an. Und mit der Somatex Medical Technologies GmbH kam im Dezember 2014 ein weiteres Hochtechnologie-Unternehmen nach Wilmersdorf, das hier mit 15 Mitarbeitern eine Berliner Zweigstelle eröffnet. red.

61 - Winter 2015