Gelungene Mischung

In der Arminius-Markthalle hat im letzten Jahr das Inseltheater Moabit seinen Heimathafen gefunden, nachdem das Ensemble zuvor viele andere Bühnen Berlins bespielte.

Das denkmalgeschützte Gebäude der Arminius-Markthalle war im letzten Jahr deutschlandweit für den Location Award 2014 nominiert und hat unter 508 Mitstreitern ganz knapp den 1. Platz verpasst. Und dies nicht ohne Grund: Nachdem sie in einem langjährigen Dornröschenschlaf versunken war, wurde die 1891 fertiggestellte Markthalle im Jahr 2010 renoviert und restauriert als Zunfthalle wiedereröffnet. 

Es ist geglückt, die Markthalle für alle Besucher zu erhalten, die Mischung aus Kiez und Weltstadt funktioniert: Alteingesessene Moabiter Marktstände heißen neue willkommen, der urige Berliner Imbiss, in dem schon die Fernsehserie „Drei Damen vom Grill“ gedreht wurde, hat fernöstliche, italienische, amerikanische und österreichische Nachbarn bekommen. Obst und Gemüse, Backhandwerk, Wild, Geflügel und andere Metzgereiprodukte, Käse, Fisch, Trockenfrüchte und Blumen werden feilgeboten, aber auch selbst gebrautes Bier, Winzerweine, Comics, Geschenkartikel und noch vieles andere. Dazu gibt es Kultur und unterschiedlichste Veranstaltungen; viele Firmen oder Familien feiern in der Halle Jubiläen oder andere Anlässe. Vor allem an den Samstagen brummt die Markthalle, begleitet von einem Pianisten, wie ein Bienenstock. Den es übrigens in mehrfacher Ausführung auf dem Dach der Halle gibt.

Die Marktstandbetreiber selbst sind häufig noch Berliner Urgesteine. Zwischen ihren Inseln präsentieren sich zunehmend die unterschiedlichsten Restaurants, die Übergänge sind fließend: Jeder Bereich hat seine eigene Atmosphäre, ob rustikal-bäuerlich auf Strohballen oder an der Mutter aller Tische, einer langen Holztafel, über der ein Kronleuchter schwebt. Die Halle hat aber durchaus auch Caféhaus-Ambiente oder chillige Lounge-Atmosphäre zu bieten, für jeden Bedarf ist etwas dabei. Es gibt auch Skeptiker, die die Neuerungen mit Argwohn verfolgen. Aber auch sie bleiben diesem Ort nicht fern, bietet er doch vielen Menschen einen sozialen Treffpunkt. 

Auch ein festes Theater hat in der Arminius-Markthalle ein Zuhause gefunden. Längst über Bezirksgrenzen hinaus bekannt steht die Bühne des Inseltheaters Moabit ebenfalls auf einer Insel, so wie auch die Stühle für die Zuschauer auf Marktinseln platziert sind. Gespielt werden zwei Produktionen im Jahr, eine Frühlings- und eine Herbstinszenierung. Der Theaterraum mit rotem Teppich, Samtvorhängen und gepolsterten Stühlen kontert die Marktatmosphäre ein wenig. Aber wie kommt man überhaupt auf die Idee, sein Theater in einer Markthalle zu platzieren? Annette Kraß, Intendantin und Produktionsleiterin des Inseltheaters Moabit, hat mit ihrem Ensemble vorher schon gastweise in der Halle gespielt. Da wurden für „Die lange Nacht“ schon mal zwei sich gegenüberstehende Bühnen im Mittelgang der Halle aufgebaut, und nachdem das erste Stück gespielt war, drehten die Zuschauer ihre Stühle um 180 Grad und konnten sich dem zweiten Stück widmen. „Auf- und Abbau waren dann aber doch sehr aufwendig, und als uns der Manager der Halle, Yiannis Kaufmann, das Angebot machte, die Eventfläche für das Theater zu nutzen, war es keine Frage mehr. Wir haben viele Meter Samtvorhänge geöst und gehängt, um unserem Theater einen eigenen Raum zu geben, Stangen für die Lichttechnik eingezogen, Lautsprecher-Boxen für den Ton installiert, die 99 Sitzgelegenheiten gestellt.“

Das Repertoire der Truppe reicht von klassisch bis modern, in den letzten Jahren hat sich das Ensemble eher den modernen Stücken gewidmet. In der aktuellen Frühlingsproduktion, die bis zum 21. Juni läuft, am 11. April war Premiere, wird „Freunde zum Essen“ gespielt, eine lebenskluge Komödie, die das Leben von Paaren in den mittleren Jahren beschreibt. Thomas Wingrich hat das Stück inszeniert, mit viel Komik, der Autor Donald Margulies hat für dieses Werk neben vielen anderen Auszeichnungen im Jahr 2000 den Pulitzer- Preis bekommen. Die Herbstproduktion ist auch schon in Arbeit. Das Stammpublikum wächst, es spielt eine wichtige Rolle: „Schließlich befinden wir uns in Berlin in einer Kulturhauptstadt, auch Moabit bietet zunehmend mehr Kulturprogramm, da muss man sich schon etwas einfallen lassen“, sagt Annette Kraß. „Aber wir merken, dass die Markthalle als Spielstätte neugierig macht, wir hiermit als Theater ein Alleinstellungsmerkmal haben.“

 

Information 

reservierung@inseltheater-moabit.de oder 3988 7785
www.inseltheater-moabit.de

 

62 - Frühjahr 2015
Kultur