Berlin Glamour - Die Ballsaison ist eröffnet

Glamour und Tradition – zwei Dinge, die man mit dieser Stadt nicht auf den ersten Blick verbindet – werden eben doch die Berliner Gesellschaft in den nächsten Wochen angenehm beschäftigen. Der Ballsaal ist Ort des Mondänen, des Glanzes schöner Frauen in raschelnder Seide, charmanter Herren und perlenden Champagners. Die glamouröse Seite Berlins, das ist die, die schnell mal zu kurz kommt, doch jetzt ist Saison. Auf Bällen möchte man sehen und gesehen werden und dabei oft auch noch großzügig Gutes tun. Man kennt sich, man trifft sich und amüsiert sich aufs Feinste eine ganze lange Nacht lang in bester Gesellschaft mit Prominenz aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Medien und Sport.
Der 112. Presseball Berlin, der 1872 erstmalig stattfand, wird dieses Jahr erstmals im Axel Springer Verlagshaus, den überdachten Passagen und der Ullstein-Halle gefeiert. Der Veranstalter kann sich keinen besseren Ort als hier im alten Zeitungsviertel denken.
Nur wenig später gibt sich der ADAC Berlin-Brandenburg die Ehre. „Hier tanzt Berlin“, sein Motto, nämlich am 22. Januar im Maritim Hotel. Berlin in Bewegung zu versetzen, hat sich der ADAC Ball zu seinem 85. Jubiläum vorgenommen. Seine Premiere feierte der legendäre Ball 1905 anlässlich der internationalen Automobil-Ausstellung in der damaligen Reichshauptstadt Berlin und ebnete an diesem Tag den Weg für eine beliebte Tradition. Mit dem Konzept der Verjüngung macht die Ankündigung neugierig auf Programm und Musikauswahl. Neben den Ballstandards werden modern interpretierter Swing und elektronische Klänge unterhalten.
In Berlins Vergangenheit findet man ein reges Balltreiben. Sommerbälle, Maskenbälle, Silvesterbälle, Gründungsbälle. Legendär und Stadtgespräch waren die Bälle der Berliner Ganovenringvereine in den zwanziger Jahren. Hier saßen Polizeichefs und Wirtschaftsgrößen neben Unterweltbossen und trafen in gelöster Atmosphäre dubiose Arrangements.
Nicht zu vergessen der gute Zweck vieler Bälle. Versteigerungen, Tombolas oder Spendensammlungen sind oftmals fester Programmpunkt. Das Regelwerk gibt sich streng. Garderobe, Sitzordnung, Ansprache und die Ehre des Eröffnungstanzes. Der ballgerechte Auftritt ist eine recht traditionelle Angelegenheit. Das Ballkleid, der stoffgewordene Mädchentraum, in der Regel schulterfrei und bodenlang. Die Frisur, wer über das nötige Volumen verfügt, wird sich für eine Hochsteckfrisur entscheiden. Die Männer in Smoking. Eine Tanzschule sollte man auch schon mal besucht haben. Den Gedanken hatten auch die Ballorganisatoren der Humboldt-Universität und bieten Auffrischkurse über die Sektion Hochschulsport in Foxtrott, Quickstep, Cha Cha und Walzer an. Zu den Bällen gehören die Mottos, die Schirmherren und die Lounges. Powderraum mit Stylisten für die Damen, Raucherlounge für die Herren mit Zigarrendreher und einer klassischen Shotbar inklusive charakterstarken Spirituosen. Außerdem offeriert der ADAC seinen Gästen eine Service Area mit Schneider, Schuster und Schuhputzer.
Doch die Bandbreite der Veranstalter eröffnet Spielräume innerhalb der Zielvorgabe: Ballnacht gleich rauschende Nacht, und da sind wir wieder sehr berlinerisch. Die Wege dorthin können sehr verschieden sein. Bei den Humboldts geht’s locker zu im „Kosmos. Zwischen Himmel und Erde“ am 4. Dezember im bcc, dem Berliner Congress Center am Alexanderplatz. Der GASAG-Ball findet am 11. Dezember im Maritim Hotel statt. Absoluter Höhepunkt des Abends dürfte der Auftritt von Marianne Rosenberg kurz vor Mitternacht sein. Zum „Ball der Wirtschaft“ lädt der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller – einem der ältesten und angesehensten Wirtschaftsclubs in Deutschland. Berlins Kaufleute bitten immerhin schon zum 61. Mal zum Tanz auf einen der elegantesten Bälle der Stadt mit hochkarätigen Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Der Erlös des Festballs fließt in den gemeinnützigen Verein Bürgernetzwerk Bildung, mit dem Lesepatenschaften für Berliner Schüler unterstützt werden. Gefeiert wird am 26. Februar 2011 im Intercontinental unter der Schirmherrschaft von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle.

Brit Hartmann
 

45 - Winter 2010/11